Weihbischof Schwaderlapp erlebt Rosenkranz als verbindend

In allen Kulturen vertreten

Der Oktober ist – wie der Mai – der Heiligen Maria und dem Rosenkranz gewidmet. Der Kölner Weihbischof Dominikus Schwaderlapp erklärt die Geschichte des Rosenkranzes, wie man ihn betet – und was er mit Krieg und Stau zu tun hat.

Jugendliche mit Rosenkranz / © Cristian Gennari/Romano Siciliani (KNA)
Jugendliche mit Rosenkranz / © Cristian Gennari/Romano Siciliani ( KNA )

DOMRADIO.DE: Fangen wir mal historisch an: Wir schreiben den 7. Oktober 1571 die Seeschlacht in der Meerenge von Lepanto. 260 osmanische Schiffe stehen 211 Schiffen von Papst Pius X. gegenüber. Was hat diese Schlacht mit dem Rosenkranz zu tun? 

Dominikus Schwaderlapp, Weihbischof in Köln / © Julia Steinbrecht (KNA)
Dominikus Schwaderlapp, Weihbischof in Köln / © Julia Steinbrecht ( KNA )

Dominikus Schwaderlapp (Weihbischof im Erzbistums Köln): Das war eine Zeit, in der das Osmanische Reich immer stärker wurde und die christlichen Nationen immer zerstrittener waren. Der Papst hat eine Koalition zustande gebracht, was schon ein kleines Wunder war, und hat dieses ganze Anliegen der Gottesmutter anvertraut und aufgerufen, den Rosenkranz zu beten.

Das wurde auch fleißig in der christlichen Welt gemacht und gegen alle Erwartungen wurde die osmanischen Flotte zurückgedrängt und damit die Eroberung Europas durch die Osmanen verhindert. Aus Dankbarkeit hat Papst Pius X. das Rosenkranzfest eingeführt. 

DOMRADIO.DE: Im 18. Jahrhundert wird das Marienfest auf die gesamte Kirche ausgedehnt. Ist der Rosenkranz denn ein Gebet, das seitdem weltweit gleich gebetet wird? 

Schwaderlapp: Im Prinzip ja. In allen Kulturen, die ich kenne, wird der Rosenkranz gebetet. Es gab ihn ja auch schon vor dem Jahr 1571. Die Überlieferung sagt, dass die Gottesmutter es selbst dem heiligen Dominikus – meinen Namenspatron – offenbart hat. Aber der Dominikanerorden hat das Rosenkranzgebet seit dieser Zeit sehr verbreitet und es ist in allen Sprachen und Kulturen präsent.

Dominikus Schwaderlapp

"Es war schön zu erleben, dass bei allen sprachlichen und kulturellen Unterschieden dieses Gebet von allen gelernt und gebetet wird."

In dieser Woche war ich unterwegs mit muttersprachlichen Gemeinden. Im Bus haben wir den Rosenkranz in den unterschiedlichen Sprachen gebetet; von Vietnamesisch bis Portugiesisch und von Polnisch bis Ukrainisch und auch Deutsch natürlich. Es war schön zu erleben, dass bei allen sprachlichen und kulturellen Unterschieden dieses Gebet von allen gelernt und gebetet wird. 

DOMRADIO.DE: Was haben denn nun Rosen mit dem Rosenkranz zu tun? 

Verschiedene Marienfiguren aus Holz / © Theodor Barth (KNA)
Verschiedene Marienfiguren aus Holz / © Theodor Barth ( KNA )

Schwaderlapp: Das ist eine Beschreibung seines Aussehens. Die einzelnen Perlen werden Rosen genannt. Eine der Anrufungen von Maria ist die 'geheimnisvolle Rose', 'die Königin aller Blumen' und die 'Rose ohne Dornen'. Dadurch kommt der Name zustande. Aber eigentlich beschreibt das Wort Rosenkranz eher das Aussehen der Gebetskette mit einer besonderen Gestalt. 

DOMRADIO.DE: Im Oktober 2002 hat Papst Johannes Paul II. mit seinem Schreiben "rosarium virginis mariae" etwas Neues zum Rosenkranz hinzugefügt. Wie hat er den Rosenkranz erweitert?

Schwaderlapp: Wir kennen verschiedene Rosenkranz-Geheimnisse. Traditionell ist der freudenreiche, in dem vor allem die Kindheit Jesu betrachtet wird. Wir kennen den schmerzhaften, der das Leiden Jesu betrachtet und es gibt die glorreichen Geheimnisse, die Auferstehung, Himmelfahrt bis Pfingsten betrachten. Das öffentliche Leben Jesu kam bisher zu kurz.

Da hat Johannes Paul II. die sogenannten lichtreichen Geheimnisse eingefügt, beginnend mit der Taufe über die Hochzeit zu Kana, der Verkündigung des Reichs Gottes, die Verklärung und das Geschenk der heiligen Eucharistie, sodass wir mit diesen vier Rosenkränzen das ganze Leben Jesu vom Beginn bis zur Vollendung betrachten. 

DOMRADIO.DE: Herr Weihbischof, ich komme jetzt mal mit einem Vorurteil daher: Ist der Rosenkranz nicht ein Gebet für alte Leute, die zu viel Zeit haben? 

Schwaderlapp: Die Erfahrung lehrt das Gegenteil. Auch beim Weltjugendtag wird der Rosenkranz gebetet. In meiner Zeit in Mombasa habe ich mit Kindern den Rosenkranz gebetet, in den Familien kennen ihn schon kleine Kinder. Das ist ein Vorurteil, von dem man sich nicht abbringen sollte, ihn zu beten. 

DOMRADIO.DE: Wie geht das denn genau? Wie betet man den Rosenkranz am besten und das ist schwer zu lernen?

Schwaderlapp: Nein, es ist eigentlich nicht schwer zu lernen. Also am Anfang der Kette ist ein Kreuz, das für unseren katholischen Glauben steht. Deswegen beginnt man mit dem Glaubensbekenntnis. Dann kommt ein Gebet des Vaterunsers und dann kommen drei Perlen, bei denen um Glaube, Hoffnung und Liebe gebetet wird, die christlichen Lebenshaltungen. Dann kommen zehn kleine Perlen und eine große Perle, die für ein Vater Unser steht. Das wiederholt sich fünf mal.

Die zehn Perlen stehen für je ein Ave Maria. Und bei jedem dieser fünf wird ein besonderes Geheimnis Jesu betrachtet. Nehmen wir zum Beispiel mal die freudenreichen Geheimnisse. Die beginnen mit "Jesus, den du, Jungfrau, vom Heiligen Geist empfangen hast". Eine mögliche Verbindung wäre dann: "Maria hat ein offenes Ohr, ein offenes Herz für die Botschaft Gottes gehabt. Bitte, Herr, hilf mir, dass ich immer ein offenes Ohr für dein Wort habe."

Dann kommt das zweite: "den du, Jungfrau, zu Elisabeth getragen hast." Also sie geht zu ihrer Verwandten Elisabeth, und das Ergebnis ist himmelhochjauchzend zur Freude: Wo Christus hinkommt, da ist Freude. Hier bittet man darum, dass diese frohe Botschaft die Herzen erreicht.

Eine Frau hält einen Rosenkranz / © Harald Oppitz (KNA)
Eine Frau hält einen Rosenkranz / © Harald Oppitz ( KNA )

"Den du, Jungfrau, geboren hast": Das Weihnachtsgeheimnis bedeutet, dass Christus in jedem von uns geboren werden möchte. Er möchte uns nicht äußerlich bleiben, sondern innerlich. Und die Gottesmutter möge helfen, dass er einen Platz in unserem Herzen findet und dort Wohnung nehmen kann.

"Den du, Jungfrau, vom Tempel aufgeopfert hast." Maria hat ihren Sohn in den Tempel gebracht. Das Liebste, was sie hatte, hat sie in die Hände Gottes gelegt. Ist das nicht das Beste, was wir tun können? Denn da ist das Liebste, was wir haben, am besten aufgehoben.

Die letzte Perle lautet "Den du, Jungfrau, im Tempel wiedergefunden hast." Drei Tage lang hat sie nach ihrem Sohn gesucht, und ich glaube, nur Eltern können nachempfinden, was das für eine Qual ist. Für viele scheint Jesus manchmal verschollen zu sein. Und ihn wiederzufinden, da ist meine Bitte, dass die Gottesmutter allen helfe, die eben ihren Sohn verloren haben.

Das war ein Beispiel, wie man mit bestimmten Geheimnissen bestimmte Anliegen verbinden kann. Aber es gibt nicht die richtige Art und Weise, wie man den Rosenkranz betet. Das kann ganz verschieden sein. 

DOMRADIO.DE: Was bringt denn das Rosenkranzgebet, Was kann ich damit erreichen? 

Dominikus Schwaderlapp

"Es hilft auch, Zeit zu überbrücken, die manchmal sinnlos oder ärgerlich ist."

Schwaderlapp: Zunächst einmal ist es ein Gebet und im Gebet erhebe ich mein Herz zu Gott. Die Gottesmutter ist mir da eine gute Hilfe. Sie ist sozusagen der Katalysator meines Gebetes. Mit ihren Augen betrachte ich die Geheimnisse des Lebens Jesu – und gibt es eigentlich eine bessere Perspektive? Ich komme mit Gott in Kontakt auf die Fürsprache Mariens.

Wenn ich den Rosenkranz und die verschiedenen Geheimnisse regelmäßig bete, dann werden diese Geheimnisse des Lebens Jesu immer mehr ein Teil von mir selbst. Wenn ich damit Anliegen verbinde, dann sind die da auch gut aufgehoben.

Und nebenbei: Es hilft auch, Zeit zu überbrücken, die manchmal sinnlos oder ärgerlich ist. Wenn Sie zum Beispiel im Stau stehen, kann man sich natürlich ärgern, dass es nicht vorangeht, das bringt aber in der Regel nichts. Im Gegenteil, der Blutdruck geht noch höher.

Man kann die Zeit aber auch nutzen, den Rosenkranz zu beten, auch in Teilen. Wenn Sie im Supermarkt in einer langen Schlange an der Kasse stehen, da kann man auch einfach ein wenig Rosenkranz beten. Besser jedenfalls, als sich über andere zu ärgern. 

DOMRADIO.DE: Wie häufig beten Sie den Rosenkranz? 

Schwaderlapp: Ich bete ihn jeden Tag, er ist mein täglicher Begleiter. 

Das Interview führte Tim Helssen.

Rosenkranz

Der Rosenkranz ist eine jahrhundertealte Gebetsform in der katholischen Kirche. Sinnliches Hilfsmittel ist eine Perlenschnur mit einem Kreuz, bei der Perlen in fünf Zehner-Reihen gruppiert sind.

Hände mit Rosenkranz / © Turjoy Chowdhury (KNA)
Hände mit Rosenkranz / © Turjoy Chowdhury ( KNA )
Quelle:
DR