DOMRADIO.DE: Wie erleben Sie den Synodalversammlung in Frankfurt?
Weihbischof Dominikus Schwaderlapp (Erzbistum Köln): Ganz unterschiedlich. Es gibt kontroverse Diskussionen, ein menschlich gutes Miteinander. Aber es werden doch auch sehr große Unterschiede in ganz unterschiedlichen Fragen deutlich. Am Donnerstag hatten wir das Thema "Priester sein" und auch die Frage des Zölibats. Das war eine sehr offene, ehrliche Diskussion mit kontroversen, aber doch auch sehr nachdenklichen Beiträgen.
DOMRADIO.DE: Sie haben sich mit einem Beitrag zu Wort gemeldet, haben zum Ausdruck gebracht, wo Sie Schwierigkeiten haben, diesem Text zuzustimmen. Haben Sie am Ende zugestimmt oder haben Sie abgelehnt?
Schwaderlapp: Ich habe den Text abgelehnt. Einen Teil des Textes kann ich sehr gut mittragen. Aber mir war es wichtig zu betonen, dass man die Lebensweise, die praktische Lebensgestaltung der Priester heute in den Blick nehmen muss und dass vieles, was in früheren Jahren und Jahrzehnten getragen hat, wie Familie und Pfarrei, weitestgehend wegfällt.
Man muss schauen, wie es denn weitergehen kann, ohne dass Priester vereinsamen? Wie können Priester heute auch in Formen von Gemeinschaft leben, nicht unbedingt als "vita communis".
Priester sollten keine Junggesellen sein und auch keine Einsiedler. Wir leben den Zölibat, um frei zu sein für Christus und für die Menschen. Aber wir brauchen natürlich auch unsere Beziehung und Eingebundenheiten. Also ich erlebe mich nicht als Einsiedler und will das auch gar nicht sein.
DOMRADIO.DE: Es gab ein breites Votum dieser Versammlung an den Heiligen Vater, den Pflichtzölibat zu überprüfen. Sie haben dagegen gestimmt, gegen so eine breite Mehrheit und dann ja auch eine große Mehrheit der Bischöfe. Was macht das mit jemandem?
Schaderlapp: Ich sehe den Zölibat immer noch als großes Geschenk. Es ist immer eine Herausforderung. Aber das ist nicht nur der Zölibat. Ehe ist auch eine Herausforderung. Ob Ehe oder Zölibat, das sind herausfordernde Lebensweisen und die kann man nie ohne die Gnade Gottes und das eigene Mittun leben. Insofern gibt es immer die Möglichkeit des Scheiterns.
Aber ich halte es für falsch, es vom Scheitern her zu betrachten. Wir sollten uns eher fragen, was wir tun können, um diese Lebensweise zu ermöglichen. Wir sind ja auch aufgefordert, ein einfaches Leben zu führen.
Da ist immer wieder die Frage: Tu ich das? Wir sind aufgefordert, ein offenes Herz für die Armen zu haben. Haben wir das? Mein Anliegen ist es, die Ermutigung zu stärken und zu wecken, sich ganz Christus zu verschreiben und zu zeigen, dass es sich lohnt, sich ganz für Christus zu verschenken. Gerade in dieser Zeit der Krise.
DOMRADIO.DE: Haben Sie bei der Diskussion um den Zölibat auch etwas Neues erfahren?
Schwaderlapp: Neues in dem Sinne nicht. Aber ich habe gesehen, dass es diese Fälle des Scheiterns gibt und was das auch menschlich für Tragödien zum Teil sind. Ich frage mich auch, ob der Umgang mit jenen, die aus dem Priestertum ausgeschieden sind, gut und angemessen ist. Sollten wir da mehr tun?
Ich habe mal damit begonnen, auch in meinem Bereich ausgeschiedene Priester aus dem Amt zu besuchen. Da kam das eine oder andere gute und auch versöhnliche Gespräch zustande. Es war auch ein Schritt zur Versöhnung mit der Kirche. Ich glaube, da müssen wir mehr tun, um uns auch denen zuzuwenden.
Es steht niemand von uns ein Urteil über gescheiterte Lebenssituationen zu oder darüber, dass man einen anderen Weg gegangen ist, den man eigentlich ursprünglich versprochen hatte.
DOMRADIO.DE: Wäre es denn möglich, dass Priester, die den Zölibat nicht mehr leben, wieder eine ganz normale Rolle in der Liturgie einnehmen können?
Schwaderlapp: Es gibt eine Reihe von Priestern, die offiziell aus dem priesterlichen Dienst ausgeschieden sind und die kirchlich geheiratet haben, die das tun. Es ist sicherlich ein sehr kluger und sensibler Umgang mit diesen Menschen gefordert. Ich glaube, da muss man immer auch auf den Einzelfall schauen.
DOMRADIO.DE: Wie erleben Sie das Miteinander hier?
Schwaderlapp: Einerseits stelle ich fest, dass die Atmosphäre am Freitag schärfer geworden ist, aggressiver. Und ein Punkt, der mir immer etwas nachgeht, ist der, wenn von Bischöfen zu manchen Fragen ein "Nein" kommt. Das wird dann immer als Machtgehabe oder Ausdruck von Angst bezeichnet. Da bitte ich darum, dass wir einander zugestehen, dass man eigene Überzeugungen hat, die vielleicht nicht mehrheitsfähig sind.
Aber es ist eine Überzeugung, die ich nicht als Macht ausspiele, sondern weil ich meinen Auftrag und meinen Dienst habe, meine Versprechen abgelegt habe. Dem fühle ich mich und bin ich verpflichtet. Aus dieser Überzeugung heraus stimme ich so ab, wie ich abstimmen will oder abgestimmt habe.
Ich würde mir wünschen, dass man nicht alles unter diesem Mantra "Machtgehabe oder Angst" sieht. Es gibt andere Gründe.
Das Interview führte Ingo Brüggenjürgen.