Sehr lange musste Weihbischof Wilfried Theising nicht überlegen, als Münsters Bischof Felix Genn ihn bat, vom Niederrhein nach Vechta zu wechseln. "Ich freue mich sehr auf das Oldenburger Land", sagte der 54-Jährige am Freitag vor Journalisten in Vechta. Da wurde bekanntgegeben, dass er voraussichtlich im Laufe des Januars als Leiter des Bischöflich Münsterschen Offizialats Oldenburg in Vechta eingeführt wird. Damit ist er Nachfolger von Heinrich Timmerevers, der seit August Bischof des Bistums Dresden-Meißen ist.
Offizialat Vechta kirchenpolitisch etwas Besonderes
Dass ein Weihbischof innerhalb eines Bistums neue Aufgaben erhält, ist an sich wenig sensationell. Doch überschreitet Theising dank der besonderen Struktur des Bistums Münster die Grenze von Nordrhein-Westfalen nach Niedersachsen. Ohnehin ist das 1815 gegründete Offizialat Vechta kirchenpolitisch etwas Besonderes. Die Region zwischen Nordsee und Dammer Bergen mit ihren rund 265.000 Katholiken ist zwar Teil des Bistums Münster, genießt aber verwaltungstechnisch weitgehende Unabhängigkeit. Manche sehen den Vechtaer Offizial gar als kleinen Diözesanbischof.
Solche hochfliegenden Ambitionen kann man dem bodenständigen Theising, der der zwölfte Offizial und dritte Weihbischof in Vechta wird, sicher nicht unterstellen. Er wurde am 20. September 1962 in einer Bauernfamilie in Wettringen (Kreis Steinfurt) geboren. Dass er - wie sein Vorgänger Timmerevers - mit dem Plattdeutschen vertraut ist, kann in der ländlich geprägten Region als Vorteil gelten.
Wenngleich er die münsterländische Variante spricht. "Aber dat schall woll uk im Ollnborgischen helpen", zitiert ihn das Bistum Münster.
Weihbischof im Bistum Münster
Statt wie geplant den elterlichen Hof weiterzuführen, studierte Theising Theologie in Wien und Münster, wo er 1989 zum Priester geweiht wurde. Leitungsverantwortung erhielt er ab 2003 als Propst und Kreisdechant in Borken. Am 31. Mai 2010 ernannte ihn Papst Benedikt XVI. zum Weihbischof im Bistum Münster, wo er für die Region Niederrhein zuständig ist. In der Deutschen Bischofskonferenz gehört er den Kommissionen für Ehe und Familie sowie für Wissenschaft und Kultur an. 2014 wurde er in den Ritterorden vom Heiligen Grab zu Jerusalem aufgenommen.
"Ich habe mir sehr gewünscht, dass Weihbischof Theising diese Aufgabe übernimmt", sagte Genn. "Er passt in das Amt aufgrund seiner Fähigkeiten in Seelsorge und Verwaltungsfragen sehr gut." Und auch für den Niederrhein werde es wieder einen Weihbischof geben; das entsprechende Verfahren laufe bereits, so der Bischof.
Theising findet im Offizialat Vechta eine vielfältig geprägte kirchliche Region vor, von der Diaspora im Norden bis zum stark katholisch geprägten Süden. Er kenne die Gegend aus seiner Zeit als Neupriester und pilgere seit mehr als zehn Jahren an den Wallfahrtsort Bethen. "Vielleicht hat die Muttergottes von Bethen in diesem Fall ja ein bisschen mitgeholfen", meinte der Bischof.
Strukturreform gestalten
Die kirchliche Strukturreform will er weiter behutsam gestalten. Seine Überzeugung: Größere Gemeinden müssten nicht Anonymität und Rückgang bedeuten, sondern könnten auch für Aufbruch und Zuversicht stehen. In der Ökumene sei in den vergangenen Jahren im Offizialat Vechta viel geleistet worden, lobte der Weihbischof. "Es ist mir ein Herzensanliegen, dass wir das weiterführen." Mit der ökumenischen Eröffnung des Kirchenjahres am ersten Adventssamstag mit dem Oldenburger evangelischen Landesbischof wird es freilich in diesem Jahr noch nichts werden.
Bis zum 1. Advent leitet Prälat Peter Kossen als ständiger Vertreter des Offizials die Kirchenbehörde. Dann wechselt er auf eigenen Wunsch als Gemeindepfarrer nach Lengerich (Kreis Steinfurt). Seine Position übernimmt der Leiter der Abteilung Seelsorge, Prälat Bernd Winter, kündigte Theising an. Inwieweit Kossens Engagement für Leiharbeiter und gegen unmenschliche Bedingungen etwa in der Fleischindustrie weiter auf der Tagesordnung bleibt, ist noch offen. "Ich werde mir das Thema ansehen", sagte Theising. "Kirche hat auch immer eine politische Dimension. Unsere Aufgabe ist es, an der Seite der Menschen zu stehen."