Weihnachten in Bethlehem: Corona und geschlossene Grenzen

Ein Platz an der Krippe statt lautem Volksfest

"Glückliche und heitere Tage zurückzugeben": So lautete die Bitte, die die christliche Gemeinde in Bethlehem am Weihnachtsabend an Gott richtete. Das gehört wohl zu den allergrößten Wünschen der Menschen im Heiligen Land.

Autor/in:
Andrea Krogmann
Christmette mit Erzbischof Pierbattista Pizzaballa in Bethlehem / © Andrea Krogmann (KNA)
Christmette mit Erzbischof Pierbattista Pizzaballa in Bethlehem / © Andrea Krogmann ( KNA )

Bethlehem hat die Rechnung ohne den neuen Patriarchen gemacht. Bis zum Krippenplatz sollte Erzbischof Pierbattista Pizzaballa bei seinem traditionellen Einzug in die Geburtsstadt Jesu im Auto-Konvoi vorfahren, um dort mit gebührendem Abstand und ohne Händeschütteln vom Bürgermeister und weiteren Palästinenser-Vertretern empfangen zu werden.

So sah es das Corona-Protokoll der Stadtverwaltung vor. Doch der italienische Franziskaner, der nach einer Covid-19-Infektion erst am Dienstag offiziell aus der Quarantäne entlassen wurde, ließ es sich nicht nehmen, schon am Rand der Altstadt sein Auto zu verlassen.

Geschlossene Grenzen

Zu Fuß zog Pizzaballa wie in den Vorjahren durch die "Starstreet". Noch am frühen Morgen hatten Männer in weißen Schutzanzügen hier Desinfektionsmittel versprüht; ein weiterer Versuch der Stadt, die anhaltend hohen Infektionszahlen in den Griff zu bekommen.

Zwar waren es nicht die üblichen Tausende, die die Altstadtgassen entlang dem Zugweg säumten oder auf dem Krippenplatz auf den bunten Zug aus Pfadfindern und Kirchenleuten warteten. Auch ausländische Besucher blieben weitgehend aus; die Grenzen sind schon seit März geschlossen. Doch immer noch genug Bethlehemer ließen sich weder vom Hygienekonzept noch vom Regenwetter abhalten, zum Auftakt des dreifach gefeierten Christfests in die Straßen der Stadt zu strömen.

Schützt Gott vor Corona?

Zugang zum Krippenplatz nur mit Maske; Sicherheitsabstände, keine Menschenaufläufe: So lautete der Plan der Stadt Bethlehem, um die als Volksfest gefeierte Weihnacht in der Geburtsstadt Jesu pandemietauglich zu machen. "Gott schützt mich - ich brauche keine Maske", sagt stattdessen eine junge Christin, die am Krippenplatz das Geschehen per Handy festhält. "Entspann dich und vertrau auf Gott - dann wird nichts passieren!" Ihrer Devise folgen an diesem Tag offenbar viele.

"Es sind zu viele Menschen - aber es macht mich glücklich, die Stadt so zu sehen", sagt die Bethlehemer Christin Ikram, die am frühen Abend mit ihrem Mann Kevin über den Krippenplatz spaziert, als es allmählich ruhig wird in der Stadt. Weihnachten 2020 sei wegen Corona anders - "aber das ist die Situation; daran können wir nichts machen".

"Der Prophezeiung eine Stimme geben"

2020 sei eine lange Nacht gewesen - ein "furchtbares Jahr mit Restriktionen und wirtschaftlichen, sozialen und religiösen Konsequenzen", sagte Pizzaballa nach der Vesper vor Journalisten. Ostern habe man nicht ordentlich feiern können, und sehr wahrscheinlich auch Weihnachten nicht. Doch die Geburt Christi mache die Nacht zum Tag. "Wenn wir mit den Augen des Geistes sehen wollen, können wir unsere schreckliche Nacht in einen wundervollen Tag verwandeln", so der Patriarch.

Er wolle nicht einstimmen in die Stimmen der vielen, die in den vergangenen Monaten die Lage in mehr oder weniger dunklen Farben schilderten, sagte Pizzaballa. In seiner ersten Weihnachtsmesse als Patriarch wolle er "der Prophezeiung eine Stimme geben, das Evangelium wiederholen und Ihnen die Gnade dieser Stunde mitteilen", sagte er in der Christmette. 

Ordensleute, Diplomaten und Vertreter der einheimischen palästinensischen Christen hatten sich um ihn versammelt. Mit etwa 150 Personen blieb die Kirche dennoch dünn besetzt. Verglichen mit "normalen" Jahren wäre in diesem Jahr durchaus noch Platz an der Krippe gewesen.

Weihnachtswunsch von Pizzaballa

Bevor Pizzaballa selbst an jene "Krippe" in der Grotte unter der Geburtskirche trat, um dem althergebrachten Ritus folgend die Figur eines Jesuskindes auf jene Stelle zu legen, an der die Geburt Christi verehrt wird, malte der Franziskaner die Vision einer anderen Welt: einer Welt, "in der Besitz durch Geschenk ersetzt wird und der Reichtum einiger weniger zum Gut für alle wird".

"Krankheit, Übel und Tod zu besiegen und uns glückliche und heitere Tage zurückzugeben": So lautete die abschließende Bitte, die Pizzaballa im Namen der Gemeinde an Gott richtete. Damit dürfte er einen der größten Weihnachtswünsche der Menschen im Heiligen Land ausgedrückt haben. 

Krippe

Krippen sind Futtertröge. In der Heiligen Schrift werden sie im Zusammenhang mit der Geburt Jesu erwähnt. Beim Evangelisten Lukas heißt es: Maria "gebar ihren Sohn, den Erstgeborenen. Sie wickelte ihn in Windeln und legte ihn in eine Krippe, weil in der Herberge kein Platz für sie war." 

Als Krippe wird auch die ganze figürliche Darstellung der Geburtsszene bezeichnet. Erstmals als Abbildung des Geburtsgeschehens Jesu sind Krippen im 16. Jahrhundert in Italien und Spanien nachweisbar, bald darauf auch in Süddeutschland. 

Krippendarstellung der Heiligen Familie / © Annamaria Zappatore (shutterstock)
Krippendarstellung der Heiligen Familie / © Annamaria Zappatore ( shutterstock )


 

Quelle:
KNA