Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) bezeichnete das Urteil, das einen Anspruch auf Mindestlohn für ausländische Pflegekräfte fordert, als "wegweisend und richtig". "Arbeit hat eine Würde. Egal ob Sie aus Bukarest oder aus Bottrop kommen", sagte Heil am Freitag dem Sender RTL/ntv.
Mit Blick auf die dadurch entstehenden höheren Kosten für die Angehörigen von Pflegebedürftigen forderte Heil eine Verbesserung der Pflegeversicherung: Es müsse nun "konsequent" der Weg einer Pflege-Bürgerversicherung gegangen werden, um auch im Haushalt lebende pflegebedürftige Personen besser absichern zu können.
Der Pflegebevollmächtigte der Bundesregierung, Andreas Westerfellhaus, sieht großen Handlungsbedarf bei der 24-Stunden-Pflege. "Die 24-Stunden-Betreuung muss zu einem Megathema der Politik werden, mit dem Ziel, weder funktionierende Pflegesettings zu zerstören noch prekäre Arbeitsbedingungen und fragwürdige rechtliche Konstellationen zu tolerieren", sagte er den Zeitungen der Funke Mediengruppe.
Das Urteil des Bundesarbeitsgerichts begrüßte Westerfellhaus. Vielen Bürgern sei nicht klar, dass die Beschäftigung ausländischer Pflegekräfte mit großen rechtlichen Risiken - unter Umständen bis hin zur Strafbarkeit - behaftet sein könnte.
Politik nun gefragt
Auch der Bundesverband der Betreuungsdienste (BBD) begrüßte das Urteil. Die Duldung von Schwarzarbeit und die Ausnutzung von Betreuungskräften, die 24 Stunden und 7 Tage die Woche bereitstehen, werde damit beendet. "Was für den Rettungsdienst, Pflegekräfte, Ärzte und andere Berufsgruppen mit Bereitschaftsdiensten gilt, hat das Bundesarbeitsgericht nun richtigerweise auf die Living-in Kräfte übertragen."
Dass zwischen 200.000 und 300.000 Familien die Leistungen der osteuropäischen 24-Stunden Betreuungskräfte in Anspruch nehmen, spiegele die Versorgungslücke in der Altenpflege, erklärte Geschäftsführer Thomas Eisenreich. Jetzt sei die Politik gefragt, die Finanzierbarkeit ambulanter Pflege für alle Familien sicherzustellen.
Der Bundesverband privater Anbieter sozialer Dienste bezeichnete das Urteil als gerecht: "Während sich inländische Pflegeeinrichtungen selbstverständlich an das geltende Recht halten und wiederkehrend geprüft werden, suggerieren die Vermittlungsagenturen aus Osteuropa, Pflege rund um die Uhr zu Kosten deutlich unter dem Pflegemindestlohn anbieten zu können", heißt es. Der Rechtsstaat müsse jetzt handeln.
Wichtiger Rechtsanspruch
Die Katholische Arbeitnehmer-Bewegung (KAB) Deutschlands begrüßte den Richterspruch. "Das Urteil des Bundesarbeitsgerichts schafft für viele tausend aus dem Ausland entsandte Betreuungskräfte einen wichtigen Rechtsanspruch auf faire Entlohnung", erklärte der Bundesvorsitzende Andreas Luttmer-Bensmann. Es schiebe endlich einen Riegel vor gegen die Ausbeutung von Hausangestellten aus Osteuropa.