Angesichts steigender Zahlen von hungernden Menschen weltweit hat die Welthungerhilfe zu verstärkten Anstrengungen im Kampf gegen den Hunger aufgerufen. "Hunger ist eines der größten lösbaren Probleme der Welt", sagte die Präsidentin der Welthungerhilfe, Marlehn Thieme, an diesem Donnerstag in Berlin bei der Vorstellung des Jahresberichtes 2022. Die geplanten Kürzungen im Entwicklungsetat und bei der humanitären Hilfe im Bundeshaushalt 2024 seien dagegen "das falsche Signal in Zeiten größter Not".
Mit der Agenda 2030 und den UN-Nachhaltigkeitszielen habe man eine gute Strategie, um den Hunger langfristig zu überwinden. Es brauche aber "den politischen Willen und die Einigkeit, die nötigen Maßnahmen auch umzusetzen", sagte Thieme. Es komme auch auf das Konsumverhalten im globalen Norden an - etwa eine Begrenzung der Verschwendung von Lebensmitteln. Hier sei eine grundlegende Reform für ein gerechtes und nachhaltiges Ernährungssystem nötig.
Weltweiter Anstieg von hungernden Menschen
Die Vereinten Nationen hatten am Mittwoch die Zahl von aktuell 735 Millionen hungernden Menschen weltweit genannt. Das sei ein deutlicher Anstieg von rund einem Fünftel mehr als im Vor-Corona-Jahr 2019.
Der Generalsekretär der Welthungerhilfe, Mathias Mogge, nannte als Gründe neben den Klimafolgen wie Dürrekatastrophen mit Ernteausfällen vor allem bewaffnete Konflikte. Diese hätten "fatale Auswirkungen nicht nur in dem betroffenen Land, sondern auf die gesamte Region".
Es seien starke Allianzen nötig, um die Menschen in Not schnell und nachhaltig zu erreichen. Produktionsverbesserungen durch die Optimierung etwa von Bewässerungstechnologien, die gerechte Beteiligung von Frauen in der Landwirtschaft und weitere sozial-ökologische Hilfen seien dabei dem Einsatz von mehr Chemie zur Produktionssteigerung vorzuziehen, so Mogge. Dann halte er auch das Ziel der Agenda 2030, den weltweiten Hunger zu beenden, trotz aller Probleme noch für erreichbar.
Weltweiter Hunger könnte bekämpft werden
Die Welthungerhilfe hat ihrem Bericht zufolge im vergangenen Jahr 18,8 Millionen Menschen in 37 Ländern und 603 Projekten weltweit unterstützt. Das waren etwa 13 Prozent mehr Menschen als im Jahr zuvor. Für ihre Arbeit hatte die Welthungerhilfe demnach 341,2 Millionen Euro zur Verfügung. Darunter waren auch 97,6 Millionen allgemeine Spenden und Nothilfespenden, ein Plus von 26 Prozent gegenüber dem Vorjahr.
Zu den privaten Spenden seien 241,5 Millionen Euro an institutionellen Zuschüssen etwa vom Bund, der EU oder den Vereinten Nationen gekommen, hieß es. Das Entwicklungsministerium sei mit 61,4 Millionen Euro der größte Geber für die Welthungerhilfe, gefolgt vom Auswärtigen Amt mit 50,6 Millionen und dem Welternährungsprogramm mit 48 Millionen.
Ukraine und Moldau erstmals mit Projekten vertreten
287,7 Millionen Euro seien im vergangenen Jahr in die Projektförderung im Ausland geflossen, heißt es in dem Bericht; davon alleine 42,2 Millionen in Projekte im Südsudan. Insgesamt habe man in 17 afrikanischen Ländern mit 366 Projekten mehr als 12,1 Millionen Menschen erreicht. Erstmals waren in der Folge des russischen Angriffskrieges auch die Ukraine und die Nachbarrepublik Moldau mit acht Projekten vertreten.