Die Aufarbeitung sexualisierter Gewalt leidet in mehreren katholischen Bistümern Bayerns unter mangelnder Mitwirkung Betroffener. Das hat eine Umfrage der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA) ergeben. Demnach gibt es in Passau, Bamberg und Eichstätt gar keine oder nicht genug Interessenten für einen Betroffenenbeirat. Das beeinträchtigt den Arbeitsbeginn der Aufarbeitungskommissionen, für die zwei Betroffene benötigt werden.
Benennen soll sie nämlich eigentlich ein aus diesem Personenkreis gebildeter Beirat.
So sieht es die Vereinbarung der Deutschen Bischofskonferenz mit dem Missbrauchsbeauftragten der Bundesregierung, Johannes-Wilhelm Rörig, vom vergangenen Frühjahr vor. Ein Beirat ist darin zwar nicht zwingend vorgeschrieben, er wird aber als die vorzugswürdige Form der Beteiligung markiert.
Nur zwei Interessenten in Passau
In Passau haben sich seit einem Aufruf von Bischof Stefan Oster vor mehr als drei Monaten nur zwei Interessenten gemeldet. Benötigt werden mindestens fünf. Um dennoch mit der Aufarbeitungskommission starten zu können, wurden die beiden nach Auskunft einer Bistumssprecherin um die Mitwirkung in diesem Gremium gebeten. Dieses soll seine Arbeit aufnehmen, "sobald die Pandemie-Lage es erlaubt".
Ähnlich stellt sich die Situation im Erzbistum Bamberg dar. Auch dort haben sich nach Angaben von Bistumssprecher Harry Luck "nicht ausreichend Betroffene gefunden, die bereit wären, in einem Betroffenenbeirat mitzuwirken. Sie wollten lieber Einzelgespräche führen." Aus diesem Grund seien die zwei Betroffenenvertreter für die Aufarbeitungskommission "in Absprache mit der Missbrauchsbeauftragten ausgewählt worden". Am 25. Februar soll die Kommission erstmals zusammentreten.
Im Erzbistum München und Freising fühlt man sich an die mit Rörig verabredete Prozedur gebunden: erst Betroffenenbeirat bilden, dann die Aufarbeitungskommission. Bis Ende April soll sich der Beirat konstituieren. Auch hier sah es zeitweise danach aus, als gäbe es nicht genügend Rückmeldungen.
In Eichstätt lud Generalvikar Michael Huber am Montag Betroffene noch einmal ausdrücklich zur Mitarbeit in Beirat und Aufarbeitungskommission ein. Bisher sei es in Gesprächen nicht gelungen, Interessenten für eines der beiden Gremien zu gewinnen, erläuterte eine Bistumssprecherin auf Nachfrage. Doch Huber beharrt: "Wir können den Missbrauch nur mit dieser Perspektive richtig beurteilen und verstehen, wo wir Strukturen verändern müssen, um die Prävention zu stärken."
In Augsburg wird es dem Vernehmen nach so sein: Acht Betroffene haben sich für den Beirat gemeldet. Fünf von ihnen wird die Aufarbeitungskommission auswählen. Der Beirat wiederum wird dann zwei Mitglieder aus seinen Reihen in die Kommission entsenden, die, dann in kompletter Besetzung, spätestens Ostern starten soll.
Manch einer fühlt sich übergangen
In Würzburg hatten Betroffene, die auf Einladung mit Bischof Franz Jung schon öfter zusammengekommen waren, 2020 den Wunsch geäußert, als Beirat weiterzumachen. Dies hielt Jung zunächst für eine gute Idee. Doch dann wurde Protest aus dem Kreis der Betroffenen laut.
Manch einer fühlte sich übergangen. Daraufhin holte der Bischof im Januar eine Ausschreibung in der Form nach, wie sie eine Rahmenordnung vorsieht, die die Deutsche Bischofskonferenz mit dem Missbrauchsbeauftragten des Bundes im Oktober 2020 beschlossen hatte.
Bewerbungen werden in Würzburg noch bis 10. März entgegengenommen. Für ihren Aufwand sollen Betroffene im Monat pauschal 700 Euro erhalten. Damit würden zwei ganztägige Sitzungen sowie Vor- und Nacharbeit abgegolten.
Im Bistum Regensburg hat sich die Beteiligung Betroffener bereits in der Aufarbeitung von Missbrauch und Misshandlung bei den Domspatzen bewährt. Derzeit werden nach Auskunft eines Bistumssprechers mit dem Missbrauchsbeauftragten des Bundes Gespräche darüber geführt, ob und wie die bestehenden Strukturen angepasst werden müssen, damit sie den mit der Bischofskonferenz vereinbarten Standards entsprechen.