Wenn eine Beerdigung schief läuft, trifft das Trauernde doppelt

Falsche Urne, abgestürzter Sarg, verpeilter Pfarrer

Vermutlich wünscht sich jeder einen würdevollen Abschied von einem lieben Verstorbenen. Aber wie geht man damit um, wenn nicht alles glatt läuft? Die Frage ist berechtigt. Denn bei Beerdigungen passieren immer wieder komische Dinge.

Autor/in:
Angelika Prauß
Ein Bestatter lässt die Urne einer Verstorbenen in das offene Grab hinab. Eine Pastoralreferentin im liturgischen Gewand begleitet die Beisetzung. / © Julia Steinbrecht (KNA)
Ein Bestatter lässt die Urne einer Verstorbenen in das offene Grab hinab. Eine Pastoralreferentin im liturgischen Gewand begleitet die Beisetzung. / © Julia Steinbrecht ( KNA )

Wenn es nicht so traurig wäre, könnte man darüber lachen: Da wird bei der Totenmesse der Name des Verstorbenen verwechselt, da erscheint der Pfarrer am falschen Friedhof, oder der Sarg fällt hochkant ins Grab. Szenen, die den Hinterbliebenen auf ewig in Erinnerung bleiben.

"Menschen reagieren sehr dünnhäutig, für sie ist es ein ganz besonderer Moment", weiß der Bergisch Gladbacher Bestatter David Roth. Auch er kennt Fälle, wo Beerdigungen nicht rund liefen - das falsche Grab ausgehoben war, die Hinterbliebenen im Stau festsaßen, ein Sargträger ins Grab stürzte. Es passiere auch durchaus, dass ein Pfarrer den Namen des Verstorbenen vergesse oder "dass man das Gefühl hat, er ist auf der falschen Beerdigung".

Fehler durch hohe Taktung

Bei der hohen Taktung von Beisetzungen gerade im städtischen Bereich könne das vorkommen, sagt der Bestatter. Ein möglicher Grund: Pfarrer und Bestatter nehmen sich vielleicht nicht genug Zeit, die Beisetzung vorzubereiten. Auf großen Friedhöfen finden mitunter zudem mehrere Beerdigungen parallel statt. "Wenn der Pfarrer nur 'von unserem lieben Verstorbenen' spricht und erst am Ende dessen Namen nennt, merken die Angehörigen zu spät, dass sie auf der falschen Beerdigung sind."

Zudem lebten heutzutage viele Angehörige hunderte Kilometer vom Verstorbenen entfernt oder gar im Ausland. Ein persönliches Gespräch mit den Hinterbliebenen könne dadurch erschwert werden. Um aber etwas über das Leben des Verstorbenen zu erfahren, seine Vorlieben, Persönlichkeit, vielleicht auch einen Kosenamen, müsse man sich Zeit nehmen. Ein ausführliches Gespräch sollte nicht die Ausnahme, sondern die Regel sein, sagt Roth. Stattdessen treffe man sich mitunter erst auf dem Friedhof.

Laut Bundesverband Deutsche Bestatter ist der Anteil kirchlicher Bestattungen inzwischen auf unter 50 Prozent gesunken. Die Menschen seien heute nicht mehr so eingebunden in die Kirche, so dass der Pfarrer bei einer Beerdigung nicht unbedingt eine Verbindung zur verstorbenen Person habe, sagt Elke Herrnberger, Sprecherin des Verbandes. Durch die Zusammenlegung von Pfarreien tourten Seelsorger durch mehrere Pfarreien - "da kann man auch gar nicht erwarten, dass er noch alle Menschen persönlich kennt".

Unpersönliche Trauerreden

So irritierend das für Hinterbliebene sein mag, ist es kaum ein Grund, die Schlichtungsstelle des Bestatterverbandes zu kontaktieren. Weit häufiger seien unpersönliche Trauerreden ein Stein des Anstoßes, erklärt Herrnberger. Dies liegt nach ihrer Einschätzung am fehlenden Kontakt der Verstorbenen mit den Kirchenvertretern und den immer größer werdenden Pfarrbezirken. Viele Angehörige vertrauten daher inzwischen mehr auf zertifizierte Bestattungshäuser und die dortigen Trauerrednerinnen und -redner.

Herrnberger hat selbst erlebt, dass ein Seelsorger bei einer Trauerfeier nur ein paar karge Stichpunkte zum Leben der verstorbenen Person sagte: "Das ist nicht schön." Wenn sich ein Trauerredner, Bestatter oder Pfarrer beim Trauergespräch keine Notizen macht, rät sie Angehörigen, selbst die wichtigsten Lebensdaten und -ereignisse beizusteuern - "damit wenigstens die Basics stimmen". Wer aber merke, "das interessiert den anderen gar nicht, sollte sich schon überlegen, ob das die richtige Person für die Trauerrede ist".

Letzter enger Kontakt

Diese sei schließlich ein besonderer Moment, in dem die Hinterbliebenen «noch einmal ganz eng in Kontakt mit dem Verstorbenen gehen» und sein Leben würdigen. "Eine gute Trauerrede nimmt die Trauernden mit, deshalb trifft es einen auch so, wenn dabei etwas schief geht."

Oder wenn man als Hinterbliebene nicht gesehen wird. Bestatter Roth erinnert sich an einen Pfarrer, der in seiner Predigt zwar die erste Frau des Verstorbenen erwähnte, aber dessen anwesende aktuelle Lebensgefährtin ignorierte: "Das hat ihr sehr weh getan". Der Umgang mit Patchworkfamilien erfordere besonderes Fingerspitzengefühl. Ein Urteil über die Familienbeziehungen verbiete sich, sagt Roth. "Denn sie kommen alle aus Liebe zu dem Verstorbenen."

Qualitätsmängel

Die Qualität von Bestattungsleistungen und Trauerreden lasse mitunter zu wünschen übrig, weiß Verbandssprecherin Herrnberger. "Es tummeln sich viele Protagonisten, die nicht qualifiziert genug sind und Hinterbliebenen nicht mit genug Hochachtung begegnen." Ein Gewerbeschein reiche, um als Bestatter tätig zu werden; als Trauerredner brauche man nicht mal diesen, kritisiert Herrnberger, deren Verband nach eigenen Angaben rund 3.300 Bestattungsunternehmen und damit mehr als 90 Prozent aller Bestattungsunternehmen repräsentiert.

Dabei sei ein Trauerfall für die Hinterbliebenen ein Ausnahmezustand, der nach besonderer Fürsorge und Kompetenz verlange - "gerade in den verletzlichsten Momenten eines Menschen". Herrnberger verweist auf die komplexen Aufgaben rund um die Bestattung - die Begleitung von Angehörigen, die Versorgung der Verstorbenen und die Organisation aller Abläufe bis zur Beisetzung. "Diese Fähigkeiten erwirbt man nicht nebenbei", sondern benötige eine qualifizierte Ausbildung.

Kuriose Panne

Aber es kann auch noch ganz andere, kuriose Pannen geben. So stürzte im bayerischen Landkreis Ansbach im Sommer 2021 durch das Missgeschick eines privaten Sargträgers - einem Arbeitskollegen des Toten - ein Sarg ins Grab. Der Deckel sprang auf, so dass der Leichnam zu sehen war. Die Witwe zog vergeblich vor Gericht, weil sie das Begräbnis wegen des unwürdigen Vorfalls nicht voll bezahlen wollte.

Ähnliches hat auch David Roth einmal erlebt, als selbst ein erfahrener Sargträger an einem Grab ausrutschte und ihm der Sarg entglitt; "der stand dann hochkant im Grab". Solch eine Situation hätte niemand verhindern können, so etwas passiere einfach mal. Roth hat bislang gute Erfahrungen mit Sargträgern aus dem Umfeld von Verstorbenen gemacht; so ein persönlicher Abschiedsdienst, unterstützt von dem Bestatter, findet er "immer besser, viel authentischer und näher dran an den Hinterbliebenen".

Schlagzeilenträchtiger Irrtum

Für Schlagzeilen sorgte 2013 in Köln die Verwechslung eines Sarges im Krematorium, worauf die sterblichen Überreste des falschen Verstorbenen beigesetzt wurden. "Das war für die Angehörigen, aber auch für den Bestatter wirklich gruselig, weil es alle Vorurteile über Einäscherung zu bestätigen scheint", räumt Roth ein. Andererseits sei es bei den rund 12.000 Verstorbenen pro Jahr allein in Köln "ein Wunder, dass nicht häufiger so etwas Krasses geschieht". Bei jährlich über einer Million Todesfälle bundesweit könne trotz aller Sorgfalt immer etwas passieren, erklärt der Bestatter - "für die, die es trifft, ist das natürlich schrecklich".

Bei kleineren Pannen ist es aus Roths Erfahrung wichtig, als Bestatter ruhig und konstruktiv zu bleiben, "die Situation nicht schlimmer zu machen, als sie ist, und eine Lösung im Sinne der Angehörigen zu finden". Eine Beerdigung müsse nicht perfekt, sondern stimmig und menschlich sein. "Wenn einem Angehörigen bei der Fürbitte die Stimme versagt, kann ihn der Pfarrer auch ruhig mal kurz in den Arm nehmen."

Überall, wo Menschen involviert sind, kann es zu Fehlern kommen. Da gilt es für Roth, das Beste aus einer Situation zu machen. Der Bestatter erinnert sich an eine Beerdigung, bei der der Pfarrer den Termin falsch notiert hatte - "er kam eineinhalb Stunden später - und wir standen da mit 600 Trauergästen". Da sei er schon ins Schwitzen gekommen, räumt er ein. Im Hintergrund musste geklärt werden, ob die Friedhofskapelle später überhaupt noch frei ist. "Wir haben dann zusammen mit den Angehörigen Getränke besorgt, und es entstand eine schöne und helle Stimmung: Die Trauergäste nutzten die Zeit für Gespräche und tauschten Erinnerungen über den Verstorbenen aus."

Tipps für eine Beerdigung ohne Pannen

Eine Beisetzung ist für Hinterbliebene ein ganz besonderer Moment. Damit Trauerfeier und Bestattung in guter Erinnerung bleiben, haben Experten ein paar Tipps:

- Stimmt die Chemie? Angehörige sollten im persönlichen Umgang mit dem Bestatter herausfinden, ob sie sich bei diesem gut aufgehoben fühlen, empfiehlt der Bestatter Davit Roth. Ihnen sollte Empathie und Verständnis entgegengebracht werden, Wünsche sollten berücksichtigt werden.

Die Zahl derer, die ihre eigene Beerdigung vorbereiten, wächst / © Beatrice Tomasetti (DR)
Die Zahl derer, die ihre eigene Beerdigung vorbereiten, wächst / © Beatrice Tomasetti ( DR )
Quelle:
KNA