Papst Franziskus will eine offene Kirche für alle. Dafür hat er einen Prozess ins Leben gerufen, wie ihn die katholische Kirche noch nie gesehen hat: die Weltsynode.
Ein zentraler Bestandteil, die Bischofssynode, nimmt am Mittwoch die Arbeit auf. Zentrales Thema sind neue Umgangsformen und mehr Mitbestimmung in der Kirche. Am Ende wird es auch um Hierarchien gehen, um eine Aufwertung von Frauen und um Raum für sexuelle Minderheiten.
Kontroversen vorprogrammiert
Angesichts der Agenda sind Kontroversen programmiert. Nicht zuletzt die Teilnehmerinnen und Teilnehmer aus dem deutschsprachigen Raum werden sich sicher die Köpfe heiß reden, zählen zu ihren Reihen doch so unterschiedliche Persönlichkeiten wie die reformfreudige Helena Jeppesen-Spuhler vom Schweizer Hilfswerk Fastenaktion und der konservative deutsche Kardinal Gerhard Ludwig Müller.
Elf Stimmen aus Deutschland
Von den 464 Synodenteilnehmenden haben 364 ein Stimmrecht. Davon wiederum kommen elf aus Deutschland, Österreich und der Schweiz. Die Deutsche Bischofskonferenz schickt ihren Vorsitzenden Georg Bätzing, Bischof von Limburg, nach Rom – dazu die Bischöfe von Essen und Augsburg, Franz-Josef Overbeck und Bertram Meier. Vertraten Bätzing und Overbeck früher eher gemäßigte bis konservative Ansichten, sind beide nun Befürworter des deutschen Reformprozesses Synodaler Weg. Beide fordern unter anderem, die Kirche müsse ihre Sexualmoral ändern.
Vermittler Meier
Der Synodale Weg gilt unter etlichen konservativen Kirchenvertretern als rotes Tuch – nicht nur in Deutschland, sondern weltweit. Als Vermittler könnte der Augsburger Bischof Meier auftreten. Den langwierigen deutschen Prozess kennt er ebenso gut wie die "Denke" im Vatikan: Von 1996 bis 2001 leitete er die deutschsprachige Abteilung im vatikanischen Staatssekretariat.
Der Papst fügte den Ernennungen der Bischofskonferenzen eine eigene Auswahl hinzu. Die deutsche Gruppe wollte er dabei offenbar ausbalancieren: Mit dem Passauer Bischof Stefan Oster berief er einen Kritiker des Synodalen Wegs in die Synode. Gleiches gilt für Kardinal Müller. Der frühere Leiter der vatikanischen Glaubensbehörde, den Franziskus 2017 in den Ruhestand schickte, zählt zu den prominentesten Kritikern der Weltsynode.
Franziskus schickt zudem den Münsteraner Bischof Felix Genn ins Rennen. Der 73-Jährige ist schon ein Drittel seines Lebens Bischof. Im Vatikan wird er als erfahrener Vermittler mit theologischem Sachverstand geschätzt. Für die größte katholische Ostkirche in Deutschland kommt aus München darüber hinaus Bischof Bohdan Dzyurakh, Apostolischer Exarch für die katholischen Ukrainer des byzantinischen Ritus in Deutschland und Skandinavien, hinzu.
Österreichische und Schweizer Sicht
Die beiden Bischofskonferenzen aus Österreich und der Schweiz haben jeweils ihre Vorsitzenden ernannt: den Salzburger Erzbischof Franz Lackner und den Baseler Bischof Felix Gmür. Lackner ist ein ausdrücklicher Befürworter der synodalen Idee. Reformen allein um der Modernisierung willen steht er aber skeptisch gegenüber. Seine Aufgabe bei der Weltsynode sieht er darin, mahnend auf die Gottesfrage hinzuweisen.
Anders positioniert sich Bischof Gmür. Die Zölibatspflicht lehnt er schon seit längerem ab, auch eine Priesterweihe für Frauen kann ersich gut vorstellen. In Rom will er für eine dezentralere Kirche eintreten, wie er kürzlich der "Neuen Züricher Zeitung" sagte. Und: "Wir brauchen eine neue Sexualmoral."
"Frauen-Frage"
Weniger reformfreudig ist Gmürs Landsmann, der Schweizer Kurienkardinal Kurt Koch, der in seiner Funktion als Leiter der Vatikanbehörde zur Förderung der Einheit der Christen an der Synode teilnimmt. Ganz anders positioniert sich Helena Jeppesen-Spuhler. An der "Frauenfrage" wird sich ihrer Meinung nach die Zukunft der Kirche entscheiden. Sie ist eine der 70 "Nicht-Bischöfe", die erstmals bei einer Bischofssynode ein Stimmrecht haben.
Ein wenig über den Dingen schwebt der Wiener Erzbischof Kardinal Christoph Schönborn. Der 78-Jährige wird seine ganze Erfahrung aus etlichen Bischofssynoden in den stimmberechtigten Synodenrat – eine Art Ältestenrat – einbringen.
Neben diesen elf gibt es ein weiteres Synodenmitglied, das zwar nicht den deutschsprachigen Raum vertritt, jedoch aus Deutschland stammt: die konservative Ordensfrau Anna Mirijam Kaschner, die von der europäischen Kontinentalversammlung ausgewählt wurde. Die gebürtige Westfälin ist seit 2009 Generalsekretärin der Nordischen Bischofskonferenz mit Sitz in Kopenhagen.
Bobachter mit Einfluss
Hinzu kommen weitere Teilnehmer, die als Beobachter und Berater kein Stimmrecht haben. Sie können aber dennoch erheblichen Einfluss auf die Beratungen und die Formulierung von Texten nehmen. Aus dem deutschsprachigen Raum gehört zu dieser Gruppe der Vizepräsident des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK), Thomas Söding. Der Theologe ist ein Verfechter des Synodalen Wegs, hat während des Reformprozesses aber auch Verständnis für Einwände der Kritiker gezeigt.
Mit dabei sind auch die in Erfurt lehrende niederländische Kirchenrechtlerin Myriam Wijlens und die Linzer Pastoraltheologin Klara Csiszar. Sie sollen die Bischofssynode mit ihrer Fachkenntnis bereichern. Der Hauptgeschäftsführer des Hilfswerks Renovabis, Thomas Schwartz, bringt diplomatische Fähigkeiten ein – und ein tiefes Verständnis für die Bedürfnisse der Kirche in Nord- und Osteuropa.
Diskutiert wird in international zusammengesetzten Gruppen auf Englisch, Italienisch, Spanisch, Portugiesisch und Französisch. Deutsch ist diesmal keine offizielle Sprache bei der Bischofssynode. Eines jedoch bleibt beim Alten: Ob die Vorschläge der Synode am Ende umgesetzt werden, entscheidet allein der Papst.