Werden Münsters Bischöfe bald nicht mehr im Dom beigesetzt?

"Ein neues Kapitel"

Als Konsequenz aus dem Missbrauchsskandal schlägt eine Arbeitsgruppe im Bistum Münster vor, Bischöfe künftig nicht mehr im Dom zu bestatten. Auch auf dem Domherrenfriedhof sollen nach dieser Idee keine Beisetzungen mehr stattfinden.

St.-Paulus-Dom in Münster / © Chi_Chirayu (shutterstock)
St.-Paulus-Dom in Münster / © Chi_Chirayu ( shutterstock )

"Für die Zukunft soll es hier eine andere Vorgehensweise geben, die deutlich macht, dass ein neues Kapitel aufgeschlagen wird", heißt es in einer Empfehlung der Gruppe, über die das Münsteraner Online-Portal kirche-und-leben.de berichtete.

Leeres Grab öffnen

Das Gremium empfiehlt laut dem Bericht weiter, dass in der Bischofsgruft ein noch nicht belegtes Grab bewusst geöffnet wird und leer bleibt. Es könne so als "offene Wunde in der Bistumsgeschichte" dauerhaft im Blick bleiben. Die Vorschläge sollten nun mit dem Domkapitel als Hausherrn der Kathedrale erörtert werden.

Die Arbeitsgruppe wurde nach der Veröffentlichung eines Aufarbeitungsgutachtens vor einem Jahr eingerichtet und sollte Vorschläge erarbeiten, wie mit Gräbern von Missbrauchstätern, -beschuldigten und -vertuschern umgegangen werden kann. Ihr gehören Vertreter der Betroffenen, des Diözesanrats, des Diözesankomitees und des Domkapitels an.

Mehreren beigesetzten Bischöfen wird Vertuschung vorgeworfen

Das Gutachten wirft den in der Gruft des Sankt-Paulus-Doms beigesetzten Bischöfen Michael Keller (Amtszeit: 1947-1961), Heinrich Tenhumberg (1969-1979) und Reinhard Lettmann (1980-2008) Fehler im Umgang mit Missbrauchstätern unter Priestern sowie eine "klerikale Vertuschungsgeschichte" vor.

Nach Präsentation der Studie ließ das Bistum den Zugang zur Bischofsgruft im Dom, in der die drei Bischöfe beigesetzt sind, vorübergehend sperren. Inzwischen ist sie wieder geöffnet; am Eingang weist ein Schild auf Fehler von Bischöfen im Umgang mit sexuellem Missbrauch hin.

Bäume in Erinnerung pflanzen

Die Arbeitsgruppe schlägt außerdem vor, in allen Pfarreien des Bistums Blutbuchen zu pflanzen, die an den Missbrauchsskandal erinnern. Auch am Dom soll nach Ansicht des Gremiums ein solcher Baum stehen, gepflanzt von Bischof Felix Genn.

Die Entscheidung, wie mit den Gräbern beschuldigter oder erwiesenermaßen schuldig gewordener Priester umgegangen wird, will die Arbeitsgruppe den betroffenen Pfarreien überlassen.

Studie: Flächendeckender Missbrauch im Bistum Münster

Die Zahl der beschuldigten Priester und Missbrauchsopfer im Bistum Münster ist nach einer Studie der Universität Münster deutlich höher als bekannt. Laut der über zwei Jahre dauernden Forschungsarbeit eines fünfköpfigen Teams gab es von 1945 bis 2020 fast 200 Kleriker und bekannte 610 minderjährige Opfer von sexuellem Missbrauch. Damit sind 4,17 Prozent der Priester betroffen. Die Dunkelziffer ist erheblich höher. Die Forscher gehen von 5000 bis 6000 Opfern aus.

 Studie zu Macht und sexuellem Missbrauch in Münster
 / © Lars Berg (KNA)
Studie zu Macht und sexuellem Missbrauch in Münster / © Lars Berg ( KNA )
Quelle:
KNA