DOMRADIO.DE: Wie ist denn derzeit die Lage bei den Regensburger Domspatzen? Sind Sie mit den Anmeldezahlen zufrieden?
Elena Szuczies (Leiterin des Mädchenchors der Regensburger Domspatzen): Wir sind sogar sehr zufrieden. Mit dem Start dieses Schuljahres sind direkt 33 Mädchen von der 5. bis zur 11. Klasse in den frisch gegründeten Mädchenchor eingestiegen, was eine erfreuliche Zahl ist.
Auch bei unseren Jungs, die neu angefangen haben, gab es einen großen Aufwind. Jetzt haben wir einen sehr großen Jahrgang, nachdem in den vergangenen Jahren die Jahrgänge sehr klein waren und durch Corona stark mitgenommen wurden.
DOMRADIO.DE: Das widerspricht einer Studie aus Eichstätt, die besagt, dass Chöre auch jetzt, nach der Pandemie, noch große Probleme haben Mitglieder zu finden. Wie erklären Sie sich das?
Szuczies: Bei uns spielt gerade der Reiz des Neuen eine Rolle. Als der Mädchenchor gegründet wurde hat es ein großes Medienecho gegeben. Viele Mädchen freuen sich, ein Teil dieses ersten Mädchenchor-Jahrgangs zu sein und die Jungs wurden dadurch mitgezogen. Wir haben durch die Neugründung diese gute Situation.
Ich kann mir vorstellen, dass es woanders deutlich schwieriger ist. Ich habe es während der Coronazeit im Gemeindekontext mitbekommen, wie kompliziert es ist, den Kontakt zu den Jugendlichen zu halten, ohne die schönen wöchentlichen Treffen und Chorproben. Viele haben ihr Hobby gewechselt und das Chorsingen aufgegeben.
DOMRADIO.DE: Sie haben den Mädchenchor gerade erst gegründet. Ist es denn kompliziert, gerade in so einer Zeit, einen Chor aus dem Nichts aufzustellen? Haben Sie eine große Kampagne gehabt, oder wie sind Sie an die Leute rangetreten?
Szuczies: Wir hatten das Glück, dass es dieses Jahr und nicht während der Coronazeit die Neugründung gab. Aber es ist deutlich schwieriger geworden. Jetzt können wir wieder fast ohne Maßnahmen proben. Bei uns ist es natürlich so, dass der Name der Regensburger Domspatzen sehr bekannt ist und viele Interessenten anlockt. Aber auch wir sind darauf angewiesen, dass die Nachwuchsarbeit wieder aufblüht.
Auch das Singen an den Schulen spielt eine ganz wichtige Rolle. Denn man begeistert sich nur fürs Singen, wenn man erfahren kann, was das mit einem macht. Das passiert ja oft durch die Schule oder das Elternhaus.
DOMRADIO.DE: Auch die angesprochene Studie aus Eichstätt sagt, man könnte den Jugendchören helfen, wenn die musikalische Arbeit an Schulen besser ausgebaut wäre. Glauben Sie auch, dass das helfen würde?
Szuczies: Das würde auf jeden Fall helfen. Kinder und Jugendliche kommen in der Schule mit Musik in Berührung. Das Musizieren im Elternhaus geht immer mehr zurück. Da, wo gute Arbeit gemacht wird, wo es vielfältige Angebote an den Grundschulen und den weiterführenden Schulen gibt, bekommen wir Kindern und Jugendlichen die Begeisterung des Singens vermittelt.
Das ist auch fächerübergreifend eine Bereicherung. Man lernt viel über Sprache, man lernt das gemeinsame Musizieren. Das ist ganz wesentlich neben der Musik, die auch eine Ausdrucksmöglichkeit ist. Deswegen ist es ganz wichtig, dass das Singen nach der Coronazeit, in der es lange Singverbote gab, in den Schulen wieder aufblüht.
DOMRADIO.DE: Vonseiten der Kirche gibt es derzeit nicht die beste PR. Merken Sie da etwas von? Kommen Jugendliche auf Sie zu und sagen Ihnen, dass sie mit der Kirche nicht zu tun haben wollen oder ist das komplett von denen getrennt?
Szuczies: Wir sind natürlich ein kirchlicher Chor und die Liturgie ist eine ganz feste und wichtige Säule bei uns. Die Kirchenkrise geht an niemandem vorbei. Die ist immer ein Thema.
Ich glaube, dass wir in der kirchlichen, musikalischen Arbeit ein großes Vorbild sein können und die Leute für den Glauben über alle Probleme der Kirchenkrise hinaus begeistern können. Aber natürlich ist das ein Thema, was alle mitnimmt.
Man möchte sich ja auch in der Gemeinde und im Gottesdienst wohlfühlen und zu dem stehen, was man macht. Kirchenmusik kann eine große Rolle dabei spielen, eine gute Basis für den Glauben zu finden und dafür, warum man überhaupt vom Glauben singt.
Das Interview führte Renardo Schlegelmilch.