Kaum eine Künstlerin definiert die Musikwelt der letzten Jahre so wie die amerikanische Singer-Songwriterin Taylor Swift. Egal ob Musikfan oder nicht – man kommt im Moment kaum an ihr vorbei.
Laut einer "Morning Consult"-Umfrage aus dem vergangenen Jahr bezeichnen sich 53 Prozent der Amerikaner als Fans von Taylor Swift. Das "Time"-Magazin hat sie zur Person des Jahres 2023 ernannt. Ihre "Eras"-Tour, die im Sommer auch nach Europa kommt, wird von Musikexperten als das Woodstock der heutigen Generation bezeichnet.
Wie hält es die erfolgreichste Musikerin unserer Zeit aber mit der Religion? Taylor Swift ist dafür bekannt, in ihren Texten eine sehr offene, ehrliche und verletzliche Seite preiszugeben. Von Religion hört man da nur sporadisch. Es gibt aber doch einige Spuren, denen man nachgehen kann.
Katholischer Kindergarten
Es ist relativ sicher zu sagen, dass Taylor Swifts erste religiöse Prägung katholisch war. Sie hat sich zwar selbst nie so bezeichnet, ist aber in einen katholischen Kindergarten gegangen. Das war die Alvernia Montessori Schule in ihrer Geburtsheimat Pennsylvania, die von den "Bernardine Sisters" betrieben wurde, einer amerikanischen Gemeinschaft von Franziskaner-Ordensschwestern.
Danach wechselte sie allerdings auf staatliche Schulen. Erst in Pennsylvania, dann ab dem 14. Lebensjahr in der Nähe von Nashville, Tennessee, wo ihre Familie hinzog, um ihr eine Musikkarriere zu ermöglichen. Von Christlichem in ihrem Leben liest man in dieser Zeit wenig, mit einer Ausnahme. Ein christliches Symbol hat die junge Taylor immer umgeben: Der Weihnachtsbaum. Ihr Vater hat über mehrere Jahre eine Weihnachtsbaum-Plantage betrieben.
"Ich bin Christin"
Das Heranwachsen in Tennessee wird eine große Rolle für ihr christliches Selbstverständnis gespielt haben. Der Staat liegt im sogenannten "Bible Belt", einer Region in den südlichen USA, wo das Christentum noch selbstverständlich zum Alltag gehört, ohne groß drüber nachzudenken. Hier ist man oftmals auch nicht "Katholik" oder "Protestant", sondern einfach "Christ". Kulturelles Christentum nennen das die Experten.
So ist das auch im einzigen Zitat von Taylor Swift zu finden, in dem sie explizit auf ihren Glauben Bezug nimmt. In der Netflix-Dokumentation "Miss Americana" aus dem Jahr 2020 geht es unter anderem um ihre politische Positionierung, welche sie als Country-Musikerin lange vermieden hat.
2018 hat sie in den lokalen Wahlkampf in Tennessee eingegriffen und sich gegen die konservative Politikerin Marsha Blackburn ausgesprochen, die sich gegen die Ehe für gleichgeschlechtliche Paare und liberalen Zugang zu Abtreibungen einsetzte und dies mit den "Christlichen Tennessee-Werten" begründete. Taylor Swift sagte dazu: “Ich lebe in Tennessee. Ich bin Christin. Das sind nicht unsere Werte.“
Taylor und die Politik
Für Schlagzeilen hat damals aber eher die politische als die religiöse Positionierung gesorgt. In den tief gespaltenen USA vermeiden gerade viele Country-Musiker, deren Publikum eher konservativ geprägt ist, eine deutliche politische Positionierung. Taylor Swift gehört zu den wenigen Künstlern, die über die politischen Lager hinweg Erfolg findet. Zur Erinnerung: 53 Prozent der Amerikaner bezeichnen sich als Swift-Fans. Das sind mehr, als bei der letzten Präsidentschaftswahl für Biden oder Trump gestimmt haben.
Mit großer Spannung wird deshalb auch erwartet, ob Taylor Swift im Wahlkampf zur Präsidentschaft 2024 Position bezieht. Auf Instagram hat sie 279 Millionen Follower, Präsident Joe Biden hat 20 Millionen.
Bereits 2020 hat sie sich für den demokratischen Präsidentschaftsbewerber ausgesprochen. Selbst damals war vom "Taylor Swift-Effekt" die Rede, durch den ein klarer Anstieg der Wählerregistrierung jüngerer Menschen wahrzunehmen war. Vier Jahre später sind die USA gespaltener denn je und die Republikaner haben berechtigterweise Angst vor einer Wahlempfehlung der erfolgreichsten Künstlerin dieser Tage.
Was sagen ihre Texte?
Auch wenn sie sich politisch inzwischen positioniert, sieht es mit der Religion heute immer noch sehr vage aus, noch mehr als in früheren Tagen. War es für die junge Taylor noch relativ üblich, als Country-Sängerin christliche Motive in ihrer Musik zu verwenden, handeln ihre modernen Texte mehr von Suche und Zweifeln.
Noch 2008 schrieb sie noch in ihrem Weihnachtslied "Christmas must be something more" von Jesus als "Geburtstagskind, das uns alle das Leben gerettet hat." 2020 befasste sie sich in "Soon you’ll get better" mit der Krebserkrankung ihrer Mutter: "Verzweifelte Menschen finden Kraft im Glauben, deshalb bete ich jetzt auch zu Jesus."
Experten und Beobachter bezeichnen ihren Weg des Glaubens, Zweifelns und der spirituellen Suche als typisch für die Generation der "Millenials", der Geburtenjahrgänge zwischen 1980 und 2000. Gerade in den USA ist diese Generation noch mit einem christlichen Hintergrund aufgewachsen, in dem es mehr um Traditionen und Symbole ging und weniger um ein spirituelles Bekenntnis.
Mit der Abnahme der Religiosität auch in den USA scheint wie für viele ihrer Altersgenossen auch für Taylor Swift der verfasste Glaube an eine Konfession immer weniger eine Rolle zu spielen. Wenn sie sich 2018 als Christin bezeichnete, hat das mehr mit dem Wertekonstrukt als mit Spiritualität zu tun.
... oder ist sie doch eine Hexe?
Skurril wird es allerdings, wenn man das Internet und die sozialen Medien nach Reaktionen von Christen und Katholiken auf die Musik von Taylor Swift durchsucht. Da finden sich zum Beispiel auf der Diskussionsplattform Reddit explizite Boykottaufrufe, da die Musikerin Abtreibungszugang und LGBTQ-Rechte unterstützen würde.
Einige bibeltreue Christen beziehen sich auf ihre Texte, in denen es beim Thema gescheiterter Beziehungen oft um das Motiv der Rache gehe, und Jesus in den Texten der Evangelien sich gegen die Rache ausspricht.
Am bizarrsten ist aber vielleicht eine kleine Gruppe von Kommentatoren, die Taylor Swift als Hexe bezeichnen. Als Beweis wird hier meistens das Musikvideo zum Song "Willow" angebracht, in dem Menschen in Umhängen mit leuchtenden Kugeln um ein Feuer tanzen. Das wird dann in den Kontext von Zitaten und Liedzeilen gebracht, in der sie sich als "Witch", Hexe bezeichnet. Alles natürlich metaphorisch gemeint, aber in den gespaltenen USA, in denen auch Verschwörungsmythen mehr und mehr Gewicht bekommen, findet selbst solch eine These ihre Anhänger.