Ansgar Wucherpfennig erfuhr zunächst etwas verklausuliert davon, dass er wieder als Rektor der katholischen Hochschule Sankt Georgen in Frankfurt arbeiten kann. "Es steht dem nichts entgegen, dass Du gleich zu mir ins Büro kommst", sagte am Donnerstag der Provinzial der deutschen Jesuiten in München, Johannes Siebner, am Telefon zu Wucherpfennig, als dieser im ICE auf dem Weg zu einem Festakt in die bayerische Landeshauptstadt war. "Es steht dem nichts entgegen" heißt auf lateinisch "Nihil obstat". Und so wird auch die vatikanische "Unbedenklichkeitserklärung" genannt, die wochenlang für Wucherpfennig ausgeblieben war.
Nun erteilte der Vatikan diese erforderliche Bestätigung, wie die deutsche Provinz der Jesuiten am späten Donnerstagnachmittag in München mitteilte. Der Generalobere des Jesuitenordens, Arturo Sosa, habe vom Vatikan das "Nihil obstat" erhalten und Pater Wucherpfennig "mit sofortiger Wirkung zum Rektor der Hochschule Sankt Georgen ernannt".
"Überrascht und zufrieden"
Wucherpfennig äußerte sich am Donnerstagabend "überrascht" und "zufrieden" über die römische Entscheidung. Beobachter hatten zwar zuletzt mit diesem Schritt aus Rom gerechnet, gespannt war man aber auf die Begründung. Denn der Jesuit hatte sich in Interviews kritisch zum Umgang der Kirche mit Homosexuellen und mit Frauen geäußert und unter anderem Segensfeiern für homosexuelle Partnerschaften befürwortet.
Sosa betonte am Donnerstag in einer Erklärung, letztlich habe der "besonnene und dialogische Austausch" in diesem Verfahren "zu einem guten Ende geführt".
"Dem Lehramt der Kirche verpflichtet"
Einerseits wollte der Jesuit Wucherpfennig offenbar nicht mit seiner Kirche brechen. Die Bildungskongregation des Vatikan habe die Unbedenklichkeitserklärung "nun erteilt, nachdem Pater Wucherpfennig eine Erklärung abgegeben hatte, in der er betonte, dass er als Ordensmann und Priester dem authentischen Lehramt der Kirche verpflichtet sei", hieß es in der Pressemitteilung der Jesuiten.
Wo es Wucherpfennigs Ämter verlangten, lege er die Lehre der Kirche über die Möglichkeit der Weihe von Frauen und von Segnungsfeiern für gleichgeschlechtliche Paare "vollständig und verständnisvoll dar". Dem "Kölner Stadt-Anzeiger" (Freitag) sagte er dazu, er sei als Professor an einer katholischen Hochschule zu einer fairen und korrekten Darstellung selbstverständlich bereit.
Andererseits machte Wucherpfennig auch deutlich, dass er als Wissenschaftler weiterhin auch neues Terrain betreten will. Er war eigentlich bereits im Februar für eine dritte Amtszeit als Rektor der Philosophisch-Theologischen Hochschule Sankt Georgen wiedergewählt worden. Der Vatikan hatte ihm bisher aber noch nicht das erforderliche "Nihil obstat" erteilt, was auf massive Kritik in weiten Teilen von Kirche, Wissenschaft und Gesellschaft gestoßen war.
Auch beim Limburger Bischof Georg Bätzing, der Wucherpfennigs Wiederwahl "uneingeschränkt" zugestimmt hatte. Bätzing reagierte am Donnerstag erleichtert über das nun erfolgte "Ja" aus Rom. "Diese Entscheidung habe ich zusammen mit vielen anderen erhofft und erwartet", erklärte der Bischof. In der Erklärung, die Pater Wucherpfennig abgegeben habe, werde deutlich, dass er sich als theologischer Lehrer selbstverständlich der Lehre und Tradition der Kirche verpflichtet wisse und diese auch getreu darlege.
Andererseits fordere es die Freiheit der theologischen Wissenschaft, dass die Wirklichkeit innerhalb der Kirche und Gesellschaft wahrgenommen werde, so Bätzing. Mit Blick auf Forschungsergebnisse anderer Disziplinen könne es zu veränderten Einschätzungen bei wichtigen Fragestellungen kommen, die die bestehende Lehre hinterfragten.
Hoffnung auf Öffnung
In seiner an den Vatikan abgegebenen "Erklärung" führte Wucherpfennig den Angaben zufolge auch aus, dass er die Fragen, die er als Seelsorger und Wissenschaftler an die kirchliche Lehre richte, "auch in Zukunft als seine persönliche Auslegung kennzeichnen" werde. Als Christ und Wissenschaftler habe er die persönliche Hoffnung, dass die kirchliche Lehre sich weiter öffne und weiterentwickele.
Zu seiner Hoffnung auf Reformen sagte Wucherpfennig dem "Kölner Stadt-Anzeiger": "Wir haben in der Kirche einen 'Point of no Return' erreicht und müssen über alles ohne Tabus reden. Das gilt auch für päpstliche Lehrschreiben oder Verlautbarungen römischer Behörden."