Wenn der Mond untergegangen ist, am besten zwanzig Minuten lang nicht mehr aufs Handy schauen, bis sich die Pupillen vergrößert und die Augen der Dunkelheit angepasst haben: Das rät der passionierte Hobby-Astronom Pater Christoph Gerhard OSB allen, die möglichst viele Sternschnuppen sehen wollen.
Sie sollten sich zudem in einen Liegestuhl begeben, den Blick nach oben und Nordosten richten und einfach Geduld haben. Klar, das Wetter müsse auch noch mitspielen und je dunkler die Umgebung, desto höher sei auch die Ausbeute.
Der Benediktiner, der in seiner Heimatabtei Münsterschwarzach sogar eine Sternwarte betreibt, hat in lauen Sommernächten selbst schon stundenlang auf dem Boden gelegen und nach den berühmten Perseiden Ausschau gehalten.
August-Sternschnuppen
Dabei würde den typischen August-Sternschnuppen die Bezeichnung "Swifties" eigentlich besser stehen; schließlich entstehen sie, wenn die Erde den Kometenschweif des Swift-Tuttle durchquert. "Sternschnuppen sind nichts anderes als Staubkörner, die uns aus dem Weltall besuchen kommen", erklärt der Mönch, "Sie dringen mit sehr hoher Geschwindigkeit in unsere Erdatmosphäre ein und verglühen sofort."
Was für Menschenaugen wie vom Himmel fallende Sterne aussieht, sei also nichts anderes als durch diesen verglühenden Kometenstaub zum Leuchten gebrachte Atome der Hochatmosphäre.
Klingt kompliziert, ist es auch – und benannt wurde das Phänomen nach dem Sternbild des Perseus, das am Sommerhimmel im Nordosten erscheint und aus dem die Sternschnuppen zu kommen scheinen.
Höhepunkt um den Gedenktag des Heiligen Laurentius
Tatsächlich haben die Schnuppen aber genauso wenig mit der Konstellation des Perseus zu tun wie mit dem Heiligen Laurentius. Laurentius-Tränen heißt es ja im Volksmund, weil der Sternschnuppen-Regen in den Nächten um den 10. August seinen Höhepunkt erreicht – dem Gedenktag eben dieses Heiligen, der als frühchristlicher Diakon in Rom den Märtyrertod starb.
Pater Christoph kann mit dieser Vorstellung aus rein wissenschaftlicher Sicht natürlich nichts anfangen; als Assoziation hingegen gefällt ihm die Idee durchaus, dass die Tränen, die der Heilige bei seinem Martertod auf einem glühenden Eisenrost vergossen haben soll, nun am Firmament erscheinen. "Wir Menschen sind eben nicht rein wissenschaftlich unterwegs; im Gegenteil beeinflusst uns oft ganz anderes."
"Einfach etwas Schönes"
Die Faszination der Freizeit-Sterngucker, die sich jetzt im August über die vielen Sternschnuppen freuen, teilt der Ordensmann auf jeden Fall. "Ja, freilich!", versichert er, "Weil das einfach etwas Schönes ist – und etwas Überraschendes."
Denn wann genau die meisten Perseiden alias Laurentius-Tränen gesichtet werden können, ist nicht nur in jedem Jahr anders, es lässt sich auch nicht exakt vorhersagen. So erinnert sich Pater Christoph noch gut, wie er einmal gemeinsam mit anderen Sternenfreunden zwei lange August-Nächte hintereinander auf der Lauer gelegen und vergeblich gewartet hat, bis sie dann in der dritten Nacht Zeugen eines regelrechten Laurentius-Tränen-Schauers wurden.
Sternschnuppen und Aberglaube
In diesem Jahr wird der Benediktinerpater die entscheidende Zeit im Urlaub in den französischen Vogesen verbringen. Da will er auf einen Berg steigen, von hoch oben hoch in den Himmel gucken und einfach die Nacht genießen.
Den alten Brauch, sich beim Sichten einer Sternschnuppe im Stillen etwas zu wünschen, hält er selbstverständlich für schnöden Aberglauben. "Was aber nicht heißt, dass man nicht mit geschlossenen Augen so für sich denken darf 'Ich wünsche mir...' – was auch immer", sagt der Mönch und lacht. "Was einem da spontan einfällt, ist so etwas wie ein psychologischer Selbsttest, der zeigt, was einem gerade wichtig ist." Wichtig – und eben nicht schnuppe.