DOMRADIO.DE: Woran merken wir eigentlich, dass Kirchen inspirierend auf uns wirken? Ein Gefühl, das sich gar nicht so leicht in Worte fassen lässt. In Bad Kissingen haben die katholische und evangelische Kirche eine derart inspirierende Wirkung auf den Goldschmied Malte Meinck gehabt, dass er etwas wahrhaft Goldiges geschaffen hat: Zwei Kreuze, die so aussehen wie die Kreuze an den beiden Kirchtürmen in Bad Kissingen. Wie kam denn Malte Meinck auf diese schöne Idee?
Bernd Keller (Ehe-, und Familienseelsorger im Landkreis Bad Kissingen): Malte Meinck ist seit Jahren mit seiner Familie und seinem Schmuckatelier hier ansässig und den Kirchen sehr verbunden. Er hat schon unterschiedlichste künstlerische Ansätze mit den Gebäuden gemacht. Wir haben hier Weltkulturerbe in Bad Kissingen, die Familie hat einfach eine tiefe Verbindung mit dieser Stadt.
DOMRADIO.DE: Und dann hat er sich wahrscheinlich – so stelle ich mir das vor – die beiden Kreuze an den Kirchen entdeckt und daraus einen Anhänger für Ketten gemacht. Haben Sie Einblick in die Herstellungsgeschichte?
Keller: Es ist so, dass Malte Meinck und Familie sehr gut auch mit den verschiedenen Seelsorgerinnen und Seelsorgern verbunden sind, zum Beispiel auch mit dem Kirchenmusikdirektor und Kantor der evangelischen Erlöserkirche, Jörg Wöltche. Und der hat diese Idee mit Malte Meinck geteilt.
Malte ist sofort darauf angesprungen, kreativ wie er ist, und kam dann auch auf mich zu als Familienseelsorger, weil er weiß, dass ich für Innovation und Kreatives immer wieder offen bin. Und dann ging es quasi mit der Umsetzung los.
DOMRADIO.DE: Sie haben gerade schon angesprochen, wie Sie in dieses Projekt involviert sind. Was für eine Rolle spielen Sie noch?
Keller: Ich bin als Familienseelsorger der, der quasi versucht, das Ganze gewissermaßen vom Kirchturm zu heben. Wie kann das Kreuz da oben dem Menschen wieder näher kommen?
Und das habe ich Malte Meinck gleich von Anfang an gesagt: Malte, lass' uns doch hier eine kreative Dimension auf den Kern des Glaubens gestalten, hin zu Jesus, der vom Minus zum Plus wird.
DOMRADIO.DE: Es gibt zwei Kreuze, eines der evangelischen und eines der katholischen Kirche. Welche Bedeutung hat das Projekt auch für die Ökumene?
Keller: Natürlich ein verbindendes. Das Kreuz an sich ist ja schon verbindend. Wenn wir in den Himmel schauen und die Weite des Himmels sehen, die Gott uns geben will, geschieht ja schon eine Annäherung.
Und die Kollegen, Pfarrer Gerd Greier aus der katholischen Kirchengemeinde und die Kollegin, Pfarrerin Jaqueline Barraud-Volk, sind immer wieder beieinander.
Es ist nicht etwas, was gewissermaßen vom Himmel genommen ist und irgendwie keinen Boden hat, sondern die begegnen sich. Sie waren auch gestern bei der Live-Eröffnung mit Malte Meinck in seinem Schmuckatelier dabei.
DOMRADIO.DE: Sie haben gerade die pastorale Dimension der Schmuckstücke angesprochen, die Sie inspiriert und betrifft. Können Sie sich vorstellen, dass Sie die Stücke mit in Ihre Arbeit hinein nehmen?
Keller: Der Dom hat ja auch bei uns im Bistum Würzburg, in dem ich meinen Dienst tue, eine Bedeutung – nicht zuletzt in Bad Kissingen. Da kommt der große Kardinal Julius Döpfner her, der mal vor Jahrzehnten, als Wohnungsknappheit war, gesagt hat: "Wohnungsbau ist Dombau".
Diese Wirklichkeit, glaube ich, haben wir auch in der heutigen Zeit. Wir haben weniger Mangel an Kirchengebäuden, sondern mehr Mangel an seelischem Obdach. Wir wollen als Seelsorger den Seelen Obdach geben – das verbindet uns über die Konfessionen und Denominationen hinweg. Und das, glaube ich, ist ein Punkt, der für uns Christinnen und Christen ganz zentral ist.
DOMRADIO.DE: Gestern ist das Projekt losgegangen. Ich kann mir persönlich gut vorstellen, dass es auch in der Weihnachtszeit gut ankommt; es ist ja auch eine tolle Geschenkidee. Haben Sie denn schon ja eine Vorstellung davon, wie es weitergehen könnte; welche Stücke jetzt als nächstes folgen?
Keller: Ich denke an Aufstellkreuze fürs Zuhause, die man im Prinzip neben die Bibel, die Hochzeitskerze, die Taufkerze oder einem Sterbebildchen eines lieben Angehörigen legt. Oder neben so ein kleines Weihwasserkesselchen. Man kennt es ja von früher, dass das Wasser schnell verdunstet.
Wenn wir alle mit so einem Aufstellkreuz aus der eigenen Kirchengemeinde und einem schönen Weihwasserschälchen von dem ein oder anderen Schmuckdesigner immer wieder das Wasser des Lebens, das uns Gott gibt, empfangen, dann ist vieles gewonnen für unseren Alltag und für unser Leben.
Das Interview führte Tim Helssen.