Wie Hillary Clinton Halt im Glauben findet

Nach der Niederlage

Im US-Wahlkampf 2016 konnte Hillary Clinton die religiösen Wähler nicht ansprechen. Viele taten sich mit ihrer Zurückhaltung in Sachen Glauben schwer. Nach der unerwarteten Niederlage gegen Donald Turmp gibt ihr neues Buch nun Einblicke.

Autor/in:
Bernd Tenhage
Hillary Clinton veröffentlicht Buch über Wahlkampf  / © Seth Wenig (dpa)
Hillary Clinton veröffentlicht Buch über Wahlkampf / © Seth Wenig ( dpa )

Chardonnay, Kopfkissen, Schränke. Diese drei Begleiter des Alltags halfen Clinton mit der Enttäuschung über die unerwarteten Niederlage gegen Donald Trump im Rennen um das Weiße Haus umzugehen. So steht es in ihrem Buch, das über mehr als 500 Seiten Selbstbespiegelung und Wundenlecken zugleich ist.

Dass sie dem Wein zusprach, in ihre Kissen heulte oder zwanghaft die Schränke aufräumte, mag nicht weiter überraschen. Wohl aber, wie offen die unterlegene Kandidatin über die Rolle ihres Glaubens im Umgang mit ihrem Scheitern schreibt. Ein Thema, zu dem sie sich bisher nur spärlich geäußert hatte, obwohl in den USA Religion bis heute ein wichtiges Qualifikations-Kriterium für Politiker ist.

"Ehrliche Reflexion und offene Kritik"

Ihre Spiritualität habe ihr in den schweren Tagen nach der Niederlage geholfen, die Fassung zu wahren, öffnet sich Clinton gegenüber ihren Lesern, die sie einlädt, sie bis zurück in ihre Kindheit und Jugend in Illinois im frommen Mittleren Westen zu begleiten. Bibelkreis, Jugendgruppe, Messdienerin - Hillary wuchs in einem traditionellen Methodisten-Haushalt auf. Ihre Kirche sei ihr überall im Leben "eine Quelle der Unterstützung, ehrlichen Reflexion und offener Kritik" gewesen.

Als Ehemann Bill noch als Präsident im Weißen Haus saß, fand sich fast immer einer von beiden im Gottesdienst der "Foundry United Methodist Church" an der 16. Straße. Ein Gotteshaus, das die Lehren des Gründervaters der Methodisten, John Wesley (1703-1791), in die politische Gegenwart übersetzte. Sie habe sich das pastorale Motto des Reformprediger zueigen gemacht, bekennt Clinton, Glauben in Taten umzuwandeln. Das beeindrucke sie auch an Papst Franziskus. Dem Oberhaupt der katholischen Kirche widmet sie gleich mehrere Passagen, in denen sie vor allem dessen Hinwendung an die Bedürftigen lobt.

"Verächtlich antikatholisch"

Dass viele Arme in den USA Trump ihre Stimme gegeben haben, irritiert Clinton bis heute. Hillary reflektiert auch über das gestörte Verhältnis zu einem Teil der US-Katholiken im Wahlkampf. Sie schreibt das zum Teil den nach einem Hacker-Angriff geleckten Emails zu. Darin hatten sich ihr Wahlkampfmanager John Podesta und einige seiner Mitarbeiter - allesamt Katholiken - kritisch über die US-Hierarchie geäußert hatten. Der Erzbischof von Philadelphia, Charles Chaput, geißelte das damals als "verächtlich antikatholisch".

Clinton anerkennt das Dilemma ihrer Partei an, kein Rezept gefunden zu haben, Gegner und Befürworter der Legalität von Schwangerschaftsabbrüchen unter einem Dach zu vereinen. Sie nennt ihren Parteifreund Tim Kaine als Beispiel, der als überzeugter Katholik Abtreibungen ablehnt, gleichzeitig aber Frauen nicht vorschreiben möchte, wie sie sich selber in einer Konfliktsituation entscheiden. Clinton wirbt für ein "großes Zelt", in dem alle Positionen Platz haben sollten.

Persönliche Beziehung zu Gott

Doch gerade im Umgang mit den besonders religiösen Amerikanern fremdeln die Demokraten; mehr noch als bei den Katholiken im Lager der Evangelikalen. Während sich Clinton bei ihrer ersten Präsidentschaftskampagne 2007 noch bemühte, dieses Wählersegment zu erreichen, unternahm sie acht Jahre später erst gar keinen Anlauf mehr dazu. Ein Fehler, wie Clinton in ihrem Buch zugibt.

In großer Offenheit bekennt sich Hillary in "What Happened" zu ihrem Glauben an Jesus Christus als ihren Retter. Diese persönliche Beziehung zu Gott sei für sie so wichtig wie Fragen der sozialen Gerechtigkeit. Ihr Glaube habe ihr auch dabei geholfen, an der Ehe mit Bill festzuhalten.

Rat vom Papst

Nach der Niederlage gegen Trump habe sie die Demut als "schmerzliche Tugend" wiederentdeckt, schreibt Clinton. Dabei nimmt sie Bezug auf den 2014 von Papst Franziskus heilig gesprochen Papst Johannes XXIII.

Der riet einmal, sich nicht darüber zu grämen, "was du versucht und nicht geschafft hast". Stattdessen riet er, sich "um das zu kümmern, was noch möglich ist." Ein Ratschlag, den Hillary Clinton am Ende ihrer politischen Karriere beherzigen will. Wofür, das bleibt ihr Geheimnis.


Quelle:
KNA