Wie lebt man als christliche Minderheit in Thüringen?

"Stellung beziehen hieß im Osten immer schon Farbe bekennen"

In Thüringen ist man als Katholik in der Minderheit. Bloß 7 Prozent der Menschen sind katholisch. Wie ist es als Katholik in der Minderheit zu sein? Reinhard Salzmann ist Vorsitzender des Katholikenrats im Bistum Erfurt.

Der Katholikentag in Erfurt startet am Mittwoch / © Heiko Rebsch (dpa)
Der Katholikentag in Erfurt startet am Mittwoch / © Heiko Rebsch ( dpa )

DOMRADIO.DE: Der diesjährige Katholikentag findet in Erfurt statt, in Thüringen, einem Bundesland in dem es nur sehr wenige Katholiekn gibt. Haben Sie da keine Sorge, dass es nicht voll genug wird? 

Reinhard Salzmann (privat)
Reinhard Salzmann / ( privat )

Reinhard Salzmann (Vorsitzender des Katholikenrats im Bistum Erfurt): Nein. Thüringer sind im Prinzip gastfreundlich, interessiert und eigentlich auch weltoffen. Und es gibt ja nicht nur die Katholiken in Erfurt. Wir haben das Eichsfeld und dort gibt es immer noch 70 bis 80 Prozent Katholiken. Da gibt es noch ganz, ganz viele Katholiken, die nach Erfurt kommen und ich weiß von einigen Bussen, die sich morgen auf den Weg machen und da bin ich ganz optimistisch.

DOMRADIO.DE: Sie sind Vorsitzender des Katholikenrats in Erfurt. Was bedeutet es denn, als Katholik einer Minderheit anzugehören? Muss man sich oft erklären oder rechtfertigen? 

Salzmann: Man muss Stellung beziehen und Stellung beziehen hieß im Osten immer schon Farbe bekennen. Das bin ich gewöhnt. Ich bin gebürtig aus Anhalt, also aus Dessau, wo man als Christ immer in der Minderheit war, und das ist heutzutage eben auch so. Aber bekennen heißt ja auch: Ich weiß etwas, was ich bekennen kann.

Reinhard Salzmann

"Wenn man dran glaubt, kann man ja nur gewinnen."

Ich sage immer, wir haben eine frohe Botschaft, und wir bieten etwas an, was die anderen nicht anbieten können. Wer du zu uns kommst, hat ein Zuhause. Das kannst du in Köln haben, das kannst du Eichsfeld haben, das kannst du überall in der Welt haben. Und es gibt den Himmel. Es gibt etwas, worauf wir hin arbeiten. 

Den einen freuen solche Ansichten, und der andere ist doch recht erstaunt. Ich sage dann immer: Und wenn es am Ende des Lebens den Himmel eben nicht gibt, ist es ja auch nicht schlimm. Dann bin ich ja eh tot. Wenn man dran glaubt, kann man ja nur gewinnen. Und dann habe ich sie schon alle auf meiner Seite. 

DOMRADIO.DE: Welche Bedeutung hat der Katholikentag denn für Sie persönlich? 

Salzmann: Eine sehr große. Der Katholikentag ist Zusammenkunft und Gemeinschaft im Großen, wo ja sonst ganz viele immer nur in kleinen Zellen arbeiten. Und für mich persönlich? Meine Frau singt morgen im Projektchor Sankt Ursula. Meine Tochter spielt in einer Band in der Barfüßerkirche und wenn die ganze Familie da eingebunden ist, dann ist das auch eine tolle Familiensache. 

DOMRADIO.DE: Wie es jetzt aktuell, denn die Stimmung in der Stadt. Wie groß ist Ihre Vorfreude? 

Salzmann: Ich bin ja nun kein Erfurter, sondern Eichsfelder, der hierher gekommen ist. Aber was ich auf dem Weg gemerkt habe ist, dass es eine Erwartungshaltung gibt. Die Menschen sind neugierig, was es auf dem Katholikentag geben wird, was die Buden da so anbieten. Auf dem Bahnhofsplatz stehen schon ganz viele und ich glaube, die sind erwartungsoffen.

Reinhard Salzmann

"Wir sind keine Sekte, wir sind eine Kirche, weltumspannend und weltoffen für jeden."

Die werden jetzt nicht alle in die Kirchen rennen, aber wenn da draußen auf dem Anger was spielt, dann werden die sich dafür schon mal hin stellen und gucken. Und dann kommt man mit dem einen oder anderen ins Gespräch. Und das ist das, was wir erreichen wollen. Wir wollen sagen: Wir sind keine Sekte, wir sind eine Kirche, weltumspannend und weltoffen für jeden.

DOMRADIO.DE: Welche Themen möchten Sie als Katholiken-Ratsvorsitzender gerne voranbringen? 

Reinhard Salzmann

"Wir haben am Wochenende in Thüringen eine Wahl gehabt, und da ist diese blaue Welle, von der alle gesprochen haben, zum Glück nicht über Thüringen geschwappt."

Salzmann: Natürlich das Miteinander. Wir haben am Wochenende in Thüringen eine Wahl gehabt, und da ist diese blaue Welle, von der alle gesprochen haben, zum Glück nicht über Thüringen geschwappt. Ich selber sitze am Freitag im Podium, wo es um den Umgang mit Populismus geht. Und da ist mir ganz wichtig, dass wir sagen, dass wir auch andere Meinungen und Vielfalt akzeptieren, dass wir einander zuhören und uns dann eine Meinung bilden. Und wir gröhlen hier nicht Hass und Hetze und betreiben völkischen Nationalismus, sondern wir betreiben ein Miteinander im Geiste Gottes. Das ist das, was Christentum ausmacht. 

DOMRADIO.DE: Worauf freuen Sie sich persönlich am meisten?

Salzmann: Ich freue mich natürlich ganz persönlich, dass ich morgen meinen Freund Bischof Tesfaselassie aus Äthiopien begrüßen kann. Und ich freue mich natürlich, auf das Podium am Sonnabend, wo es um Flüchtlingsursachen geht, mit dem Bischof um 14 Uhr. Und auf die zentralen Gottesdienste auf dem Domplatz und auch auf de Kultur, die Empfänge, darauf die Leute zu treffen, Bekanntschaften erneuern und darauf das ganze Feeling zu genießen.

Das Interview führte Dagmar Peters.

Quelle:
DR