Wie in Rom der Reformationstag gefeiert wird

"Im ökumenischen Drive"

Im letzten Jahr haben die Protestanten ganz groß gefeiert: 500 Jahre Reformation. In diesem Jahr geht es ruhiger zu. In Rom wurde sogar vorgefeiert, berichtet Pfarrer Michael Jonas von der evangelischen Gemeinde in Rom.

 (DR)

DOMRADIO.DE: Welche Rolle spielt der Reformationstag für Sie als evangelische Gemeinde im Herzen der katholischen Welt?

Pfarrer Michael Jonas (seit September Pfarrer der Evangelisch – Lutherische Gemeinde Rom): Hier in Rom ist kein staatlicher Feiertag. Daher haben wir den Tag am vergangenen Sonntag bereits vorgefeiert. Wir haben es bewusst ökumenisch gefeiert. Es fiel in diesem Jahr recht klein aus. Aber es steht jetzt natürlich im Schatten dieses großen Jahres, das die Gemeinde hier auch in Rom groß gefeiert hat. Und das wird sicher ein herausragendes einzigartiges Jahr bleiben, in dessen Licht alle folgenden Reformationsfeiern stehen.

DOMRADIO.DE: Was denken Sie, wie entwickeln wir uns da im Moment weiter? 

Jonas: Die große katholische Öffentlichkeit beschäftigt sich ja nicht automatisch mit theologischen Themen. Das Gedenken hat auf die Reformation und Martin Luther aufmerksam gemacht und wir haben dadurch andere Konfessionen in Europa und in der Welt noch mal informiert. In dem Jahr hat sich auch die katholische Kirche sehr gut und angemessen eingebracht, wie ich finde.

DOMRADIO.DE: Gibt es seither ein neues Verhältnis zwischen evangelischer und katholischer Kirche?

Jonas: Es ist sicher kein ganz neues Verhältnis. Denn wir sind einfach, glaube ich, in diesem ökumenischen Drive, den das Konzil begonnen hat. Da gehen wir einfach weiter. Aber wir haben uns nochmal ganz bewusst und ganz tief wahrgenommen und wertgeschätzt. Und aus evangelischer Sicht muss ich wirklich sagen, ist es gelungen, ein Jubiläum zu feiern, das keinen anti-katholischen Reflex transportiert hat. Das war bei den vorigen 100-Jahr-Feiern immer der Fall. Und das ist schon mal eine beachtliche Leistung. Das ist ein Ergebnis, über das ich mir persönlich freue.

DOMRADIO.DE: Jetzt sind Sie vor ein paar Wochen als neuer Pfarrer der evangelischen Gemeinde in Rom angekommen. Welche Rolle spielt diese Gemeinde im ökumenischen Kontext für Sie?

Jonas: Es ist eine sehr kleine Gemeinde. Wir haben viele Gäste, die nur zeitweise in Rom leben. Aber das Besondere ist eben, dass sie von der katholischen Kirche und ihrer Organisation hier in Rom sehr deutlich wahrgenommen und sehr geschätzt werden. Aber wir werden als Gesprächspartner und auch als Ort, wo lutherischer Glaube gelebt wird, sehr gerne wahrgenommen und besucht.

DOMRADIO.DE: Wie geht man das am besten an?

Jonas: Sicher mit langem Atem und geistlich. Das war eigentlich auch die Botschaft, die Papst Benedikt bei seinem Besuch in seiner Predigt vor acht Jahren gesagt hat, dass wir uns geistlich über das freuen sollten, was Gott im gemeinsamen Weg geschenkt hat, aber auch geistlich im Gebet und im theologischen Ringen weitergehen sollen. Und das halte ich schon für den Weg, den ich voran gehen will.

DOMRADIO.DE: Wie soll dieses theologische Ringen denn aussehen?

Jonas: Es geht mir nicht darum, unsere Lehren zu vereinfachen, sondern sie zu vertiefen. Oft wird in diesem Zusammenhang das gemeinsame Abendmahl, die gemeinsame Eucharistie genannt. Hier müssen wir die Thematik erst in der Frömmigkeit und der Lehre vertiefen und dort in beiden Konfessionen weiterkommen. Lieber langsam aber vertieft, als schnell in einer gemeinsame Feier, die dem praktischen Leben in den Gemeinden und in den Personen nachhinkt.

DOMRADIO.DE: Dabei sind Sie eine Gemeinde von großen Zeichen. Papst Franziskus hat Ihnen  einen Abendmahlskelch geschenkt. Papst Benedikt und Johannes Paul II. waren auch hier. Ist es denn etwas, wo Sie denken, da kann man anknüpfen?

Jonas: Diese Zeichen waren natürlich sehr wirkungsvoll und die haben wir sehr dankbar aufgenommen. Und sie wirken auch fort. Sie geben vielen Menschen die Kraft, mit Geduld im ökumenischen Dialog voranzugehen. Es ist schon beachtlich gewesen, dass uns ein römischer Papst einen Kelch schenkt. Wenn man bedenkt, dass er für eine Abendmahlsfeier vorgesehen ist, die ja aus römischer Sicht zumindest nicht ganz vollständig ist. Und da ist so ein symbolisches Zeichen wie ein Kelch, den wir auch immer wieder verwenden, ein Zeichen der Wertschätzung und der Nähe. Aber die Zeichen allein reichen nicht aus und sind auch sicher nicht der Zweck aller Dinge und das Ziel.

DOMRADIO.DE: Was denken Sie, wie wird es weitergehen mit dem Zeichen in der Gemeinde?

Jonas: Als Gemeinde würden wir sicher immer die Plattform für weitere Zeichen anbieten und wollen da offen sein. Und ich halte es schon für ein großes Zeichen, dass auch immer wieder katholische Gäste hier präsent sind und uns gerne besuchen, hier gerne predigen. Ich denke aber nicht, dass wir diese Frequenz halten können, andauernd ganz große Zeichen zu setzen, die in der Welt gelten. Wir sind immerhin bloß eine kleine Gemeinde in den vielen Pfarrgemeinden Roms.

Das Interview führte Renardo Schlegelmilch.


Pfarrer Michael Jonas  / © Renardo Schlegelmilch (DR)
Pfarrer Michael Jonas / © Renardo Schlegelmilch ( DR )
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DR