Wie Veranstalter Reisegruppen aus Israel zurückholten

"Gott sei Dank ist die Gefahr gebannt"

Israel ist ein beliebtes Ziel für Christen. Jetzt wurden Pilgergruppen von den Terrorattacken und Militäreinsätzen überrascht. Irmela Preissner von "Biblische Reisen" war daran beteiligt, die Reisenden nach Deutschland zurückzuholen.

Alle Touristen, die bei Biblische Reisen gebucht haben, sind in Sicherheit und können bald den Heimflug antreten. (Symbolbild) / © Henning Kaiser (dpa)
Alle Touristen, die bei Biblische Reisen gebucht haben, sind in Sicherheit und können bald den Heimflug antreten. (Symbolbild) / © Henning Kaiser ( dpa )

DOMRADIO.DE: Wurden Sie von der Nachricht des Hamas-Angriffs am Samstagmorgen überrascht?

Irmela Preissner (privat)
Irmela Preissner / ( privat )

Irmela Preissner (Geschäftsführerin von "Biblische Reisen"): Die hat uns sehr überrascht. Es gibt immer eine gewisse Unruhe im Heiligen Land, damit rechnet ja auch jeder Reisende. Aber dass es zu so massiven Angriffen kam, damit haben wir alle nicht gerechnet.

DOMRADIO.DE: Wie viele von Ihnen betreute Reisegruppen waren zu dem Zeitpunkt in Israel unterwegs?

Preissner: Wir hatten zwei Reisegruppen zu dem Zeitpunkt im Land. Eine weitere, die in Jordanien unterwegs war und diese Woche über die Landgrenze nach Israel gefahren wäre.

DOMRADIO.DE: Was haben Sie dann genau unternommen?

Irmela Preissner

"Der Deutsche Reiseverband hat schon am Samstagmittag für 12 Uhr einen Krisencall einberufen."

Preissner: Ich habe das ganze Wochenende gearbeitet. Erst einmal ging es darum, die Situation zu verstehen, die man in den Nachrichten gesehen hat. Ein Kollege hatte mir frühmorgens eine WhatsApp-Nachricht mit einem Medienbericht geschickt. Daraufhin sind wir mit unseren Reisegruppen in Kontakt getreten und haben geguckt, wie es denen geht und wo die eigentlich gerade sind. Darum ging es als erstes: festzustellen, was eigentlich gerade die Situation ist.

Daraufhin hatte auch schon der Deutsche Reiseverband am Samstagmittag für 12 Uhr einen Krisencall einberufen für die Veranstalter, die mit Israel zusammenarbeiten und dort Touristen haben. Dann waren wir mit mehreren Veranstaltern im Austausch. Das empfand ich als sehr hilfreich. Da konnten wir uns orientieren, wie die Lage bei anderen Veranstaltern ist.

DOMRADIO.DE: Gab es auch Kontakte zu Organisationen oder Institutionen in Israel selbst, die ihnen dann bei der Ausreise behilflich sein konnten?

Preissner: Normalerweise arbeiten wir als deutsche Reiseveranstalter mit lokalen Partneragenturen zusammen, die uns dort die Reiseleiter, die Hotelübernachtungen und die Busse stellen. Die Reiseleiter waren unsere Kontakte, mit denen wir die Situation feststellen und die weiteren Schritte besprechen konnten. Am Samstag hat sich eine Gruppe von uns in einen Bunker in Tel Aviv begeben, die andere war morgens aus Tel Aviv ausgereist, in Richtung Norden.

DOMRADIO.DE: Sind die Gruppen noch im Land?

Preissner: Gott sei Dank ist die Gefahr für die Reisenden gebannt. Wir sind sehr, sehr froh. Wir haben heute Mittag ein Foto mit einer Reisegruppe aus dem Bus bekommen, die über die Grenze im Norden – zwischen Israel und Jordanien – gefahren ist. Aus Tel Aviv konnten wir keine Rückflüge mehr organisieren, es wurden ja viele Flüge abgesagt.

Es flogen, soweit ich weiß, nur noch drei oder vier Airlines, und die waren natürlich ausgebucht. Wir haben dann aber ab Amman und ab Akaba Flüge bekommen. Die sind im Laufe des Tages über die Grenze nach Jordanien gekommen und werden dann morgen und übermorgen ausfliegen.

DOMRADIO.DE: Es gibt noch Reisegruppen, die geplant haben, in den nächsten Wochen ins Heilige Land zu reisen. Sind deren Reisen auf unbestimmte Zeit verschoben?

Irmela Preissner

"Es gibt immer noch viele Gerüchte, dass viel passieren kann und dieses Risiko möchten wir nicht eingehen."

Preissner: Wir haben nach Rücksprache mit anderen Veranstaltern im DRV entschieden, die Reisen bis einschließlich 31. Oktober abzusagen, weil die Lage noch nicht klar ist. Es gibt immer noch viele Gerüchte, dass viel passieren kann. Dieses Risiko möchten wir nicht eingehen und unseren Kunden nicht zumuten.

Da haben wir lieber Klarheit geschaffen und alle Kunden informiert. Wir hatten knapp 200 Reisende, denen wir absagen mussten. Viele sind natürlich traurig, aber wir haben alle persönlich erreicht. Jetzt müssen wir die Lage erst einmal weiter beobachten.

DOMRADIO.DE: Was muss denn passieren, damit eine Reise ins Heilige Land wieder möglich ist? Im Augenblick sehen wir ja, das ist ein Kriegszustand, der das nicht erlaubt. Von wem lassen Sie sich da beraten?

Preissner: Für uns steht das, was das Auswärtige Amt sagt, an erster Stelle. Und im Moment rät das Auswärtige Amt dringend von Reisen ab. Das hat  für uns oberste Priorität. Und solange das Auswärtige Amt davon abrät, würden wir auch keine Reisen ins Heilige Land durchführen.

Da müsste sich der Reisehinweis wieder ändern. Wir würden dann zusätzlich schauen, was andere deutsche Reiseveranstalter machen und mit unseren lokalen Partnern und den israelischen Sicherheitsbehörden gemeinsam die Lage einschätzen.

Das Interview führte Jan Hendrik Stens.

Israelisches Sicherheitskabinett erklärt offiziell Kriegszustand

Israel befindet sich jetzt offiziell im Krieg. Das Sicherheitskabinett der israelischen Regierung hat Samstagnacht den Kriegszustand und die damit verbundene Einleitung militärischer Maßnahmen gebilligt, wie das israelische Regierungspressebüro am Sonntagnachmittag mitteilte.

Es beruft sich dabei auf Artikel 40 des israelischen Grundgesetzes. Dieses legt fest, dass der Beginn eines Kriegs oder entsprechender militärischer Operationen nur aufgrund eines Regierungsbeschlusses erfolgen dürfen.

Ein Gesamtbild der Zerstörung nach dem tödlichen Angriff auf eine Polizeistation in der Stadt Sderot am zweiten Tag des andauernden Konflikts zwischen Israel und der militanten palästinensischen Gruppe Hamas / © Ilia Yefimovich (dpa)
Ein Gesamtbild der Zerstörung nach dem tödlichen Angriff auf eine Polizeistation in der Stadt Sderot am zweiten Tag des andauernden Konflikts zwischen Israel und der militanten palästinensischen Gruppe Hamas / © Ilia Yefimovich ( dpa )
Quelle:
DR