Ein aus religiösen Gründen getragenes Kopftuch beschäftigt erneut einen der obersten Gerichtshöfe in Deutschland. Am Donnerstag verhandelt das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig über die Klage einer ehemaligen Rechtsreferendarin muslimischen Glaubens gegen den Freistaat Bayern. Dabei geht es um die Frage, inwieweit für möglicherweise diskriminierte Personen nachträglich juristische Klagemöglichkeiten gegen bestimmte "Kopftuch-Auflagen" bestehen.
Die Klägerin wurde im Jahr 2014 zum juristischen Vorbereitungsdienst in Bayern zugelassen. Damit verbunden war jedoch die Auflage, bei bestimmten hoheitlichen Aufgaben keine Symbole und Kleidungsstücke zu tragen, die der religiös-weltanschaulichen Neutralität des Rechtswesens unvereinbar sind. Weil sie dieser Verpflichtung nicht folgte, musste die Referendarin einmal im Zuschauerraum statt am Richtertisch sitzen.
Unterschiedliche Urteile
Sie reichte im Jahr 2016 Klage ein, um die Rechtswidrigkeit der Auflage feststellen zu lassen. Das Verwaltungsgericht Augsburg gab ihr Recht. Es erklärte zur Begründung, dass das Kopftuchverbot ein Eingriff in die Religions- und Ausbildungsfreiheit ohne gesetzliche Grundlage sei, die nur auf einer Verordnung des bayerischen Justizministeriums beruhe. Dagegen legte die Landesregierung mit Erfolg Berufung beim Bayerischen Verwaltungsgerichtshof ein.
Diese Instanz hob das Augsburger Urteil im Jahr 2018 mit der Begründung auf, die Klage sei unzulässig, weil es kein berechtigtes Interesse gebe, die Rechtswidrigkeit des Kopftuchverbots im vorliegenden Fall festzustellen. Im selben Jahr hatte der Freistaat Bayern seinen Richtern und Staatsanwälten bereits auch gesetzlich verboten, religiös motivierte Kleidungsstücke zu tragen.
Grundsätzliche Bedeutung des Falls
Das Bundesverwaltungsgericht ließ die Revision wegen der grundsätzlichen Bedeutung des Falls zu. Nach Angaben des höchsten Verwaltungsgerichts geht es nun darum, welche juristischen Ansprüche sich aus der europäischen Gleichbehandlungsrahmenrichtlinie für Personen ergeben, auch wenn ihr Dienstverhältnis, in dem sie möglicherweise diskriminiert wurden, bereits beendet ist.
In der Frage eines Verbots des Kopftuches und anderer religiöser Symbole im Rechtswesen hat das Bundesverfassungsgericht bereits im Februar dieses Jahres ein wegweisendes Urteil gefällt. Es entschied in einem Fall einer Kopftuch tragenden hessischen Rechtsreferendarin, dass ein gesetzliches Verbot für bestimmte Vertreter der Rechtspflege zwar nicht zwingend, aber zulässig ist.
Ein generelles Kopftuchverbot in deutschen Gerichtssälen hatte das Karlsruher Urteil indes nicht zur Folge. So erlaubt die Berliner Senatsjustizverwaltung Rechtsreferendarinnen im Gerichtssaal unter bestimmten Bedingungen auch dann ein Kopftuch, wenn sie etwa die Staatsanwaltschaft vertreten. Bedingung ist in einem solchen Fall, dass eine Ausbilderin oder ein Ausbilder der angehenden Juristin anwesend ist. Zur Begründung dieser Ausnahmeregelung führt die Senatsverwaltung an, dass das Referendariat eine Monopolausbildung auch für solche Juristen sei, die nicht Richter oder Staatsanwälte werden wollten.