DOMRADIO.DE: Über ein Jahr laufen die Gottesdienste jetzt schon mit einem entsprechenden Hygiene-Konzept. Welche Erfahrungen haben Sie während dieser Zeit in Ihrer Gemeinde gemacht?
Ralf Steiner (Gemeindereferent in St. Clemens und Mauritius, Köln-Mülheim-Buchforst-Buchheim): Wir haben ganz unterschiedliche Erfahrungen gemacht in den verschiedenen Kirchen. Zumal in dem Jahr auch unterschiedliche Regeln gegolten haben. Wir haben gesungen, es gab Mundschutz und verschiedenes mehr. Manchmal musste der angezogen werden, manchmal ging es auch ohne Mundschutz. Im Moment ist es so, dass viele gerne wieder singen würden, aber wir tun es nicht. Wir überlegen gerade, ob es möglich ist, unter gewissen Bedingungen zu singen.
DOMRADIO.DE: Es sind viele Gottesdienstbesucher weggeblieben. Wie sieht es mit der Anzahl der Besucher im Moment aus? Sind es schon wieder mehr?
Steiner: Das ist ein Auf und Ab. Es sind definitiv viel weniger Gottesdienstbesucher als vor Corona. Im Moment stabilisiert sich das. Bei bestimmten Festen oder Anlässen kommen mal mehr. Ansonsten pendelt sich das ungefähr auf die gleiche Zahl ein.
DOMRADIO.DE: Gibt es auch Rückkehrer, also welche, die am Anfang nicht gekommen sind und sich nun wieder trauen, weil sie geimpft sind?
Steiner: Die gibt es auch, dafür gibt es allerdings auch Leute, die wegbleiben.
DOMRADIO.DE: Also, es hält sich die Waage im Endeffekt?
Steiner: Ungefähr.
DOMRADIO.DE: Mussten Sie auch schon mal Menschen abweisen, weil kein Platz mehr frei war? Oder kam das gar nicht vor?
Steiner: Es kam in den letzten eineinhalb Jahren höchstens fünf Mal vor, dass wir Leute abweisen mussten. Wir haben Regelungen, sodass wir nach Möglichkeit niemanden abweisen müssen.
DOMRADIO.DE: In öffentlichen Innenräumen gilt jetzt seit kurzem die sogenannte "3G-Regel", also Zutritt nur für Genesene, Geimpfte und Getestete mit entsprechendem Nachweis. Die katholische Kirche in Deutschland möchte diese Regel allerdings bisher noch nicht anwenden. Wie denken denn Sie und Ihre Gemeindemitglieder darüber?
Steiner: Auch da gibt es unterschiedliche Meinungen. Gerade heute morgen in unserer Gottesdienst-Ordner-Runde haben wir nochmal darüber gesprochen. Unser Thema war dabei auch das Thema der Solidarität. Was bedeutet Solidarität? Vor einem halben Jahr haben wir gesagt, wir wollen niemanden ablehnen. Jetzt stellt sich die Frage, ob Solidarität vielleicht nicht eher gegenüber den Kindern und Jugendlichen zu zeigen wäre, die noch nicht geimpft werden können?
Oder ist Solidarität gegenüber den Geimpften richtig, sodass wir dann doch eventuell die 3G-Regelung einführen würden? Das ist zurzeit bei uns in der Diskussion und wird unterschiedlich gesehen. Bei den Gottesdienstbesuchern höre ich immer wieder mal das Thema: Wieso muss ich den Mundschutz tragen? Ich bin doch geimpft. Das versuchen wir dann zu erklären, das gelingt uns auch meistens.
DOMRADIO.DE: Gibt es noch weitere Themen, bei denen Sie sagen, da müssen Sie noch eine Lösung finden?
Steiner: Es gibt ein ganz großes Thema. Das betrifft, glaube ich, alle, aber die Musiker und das Pastoralteam vielleicht an erster Stelle. Die Gottesdienstbesucher, die Chormitglieder, wollen unheimlich gerne wieder singen. Das geht nur unter der 3G-Regelung und das ist, denke ich, ein Thema der nächsten Wochen, was gut diskutiert werden muss.
DOMRADIO.DE: Glauben Sie, dass ein Teil dieser Corona-Maßnahmen wie die Begrüßung an der Kirchentür auch nach der Pandemie übrig bleibt?
Steiner: Das hoffe ich sehr. Wie das wird, muss man dann sehen. Wir haben zum Beispiel den Begriff Gottesdienst-Assistenten eingeführt. Diese Willkommenskultur zu Beginn des Gottesdienstes halte ich für sehr wertvoll, auch die Verabschiedung nach dem Gottesdienst. Ich hoffe, dass wir das, auch wenn es wegen Corona nicht mehr nötig ist, beibehalten.
Das Interview führte Dagmar Peters.