DOMRADIO.DE: Ist Ihnen die Idee sofort gekommen, als sie davon erfahren haben, dass diese Kathedrale brennt?
Ina Scharrenbach (CDU-Politikerin und NRW-Bauministerin): Ich habe dem Vorsitzenden des Zentral-Dombau-Vereins am Montagabend direkt eine SMS geschickt und gefragt: "Müssen wir da nicht irgendetwas tun?"
Michael Kreuzberg (Präsident des Kölner Zentral-Dombau-Vereins): Wenn man diese Bilder gesehen hat, hat man direkt Mitleid gekommen und der Solidaritätsgedanke ist aufgekeimt. Genau in diese Frage "Was machen wir jetzt?" hinein, kam die SMS der Ministerin. Dann war eigentlich klar: Jetzt starten wir durch.
DOMRADIO.DE: Wie wollen Sie helfen? Was genau haben Sie sich vorgenommen?
Kreuzberg: Wir haben uns vorgenommen, aus Solidarität und Mitgefühl, auch als Zeichen des Zusammenstehens in Europa, Gelder über den Zentral-Dombau-Verein zu sammeln. Nicht die Gelder des Zentral-Dombau-Vereins, damit das ganz klar ist - der ist nur für den Kölner Dom da und es wird kein Cent zweckentfremdet. Wir haben ein Unterkonto eingerichtet, auf das gespendet werden kann.
Es wird ab heute oder spätestens morgen auf der Homepage zu sehen sein und damit wollen wir Unterstützungsleistungen bringen. Das hat auch damit zu tun, dass es bei der Gründung des Zentral-Dombau-Vereins 1842 eine Co-Gründung in Paris gab, die die Fertigstellung des Domes zusammen mit dem Zentral-Dombau-Verein unterstützen wollte und das auch getan hat.
Heute ist eine gute Stunde dafür gekommen, dieses wunderbare Engagement der Franzosen auszugleichen und uns mit dem Wiederaufbau von Notre Dame solidarisch zu zeigen.
DOMRADIO.DE: Wenn es um den Wiederaufbau dieses Gebäudes geht, dann kann man sich vorstellen, dass es teuer wird. Kann denn schon jemand einschätzen, wie viel Geld und Zeit es kosten wird, Notre-Dame wiederaufzubauen?
Scharrenbach: Ich denke, das kann auch am heutigen Tag noch niemand genau beziffern. Ich glaube, wir alle wissen, dass es sehr viel Geld kosten wird. Aber es ist gut investiert, denn ebenso wie der Kölner Dom ist Notre-Dame ein Weltkulturerbe. Die Kathedrale ist ein Erbe dieser Welt und wir tragen dafür Verantwortung, sie auch für die nächsten Generationen erlebbar zu halten.
Insbesondere die kulturelle Identität und die europäischen Werte, die sich mit Notre-Dame de Paris verbinden, müssen wir in die nächsten Generationen tragen. Deswegen, glaube ich, erleben wir auch eine sehr breite Solidarität mit den Franzosen und den Bürgerinnen und Bürgern von Paris.
DOMRADIO.DE: Warum ist es so wichtig, nicht nur den Wiederaufbau der Kathedrale zu unterstützen, sondern auch die Menschen und ihre Identität?
Kreuzberg: Zunächst einmal gehört dieses kulturhistorische Bauwerk, dieses europäische Bauwerk, nicht Milliardären, sondern uns allen. Es gehört der Bürgerschaft Frankreichs und der Bürgerschaft Europas. Wir alle sind Notre-Dame. Wir würden diese Hilfe auch bekommen, wenn an unserem schönen Kölner Dom - was Gott verhüten möge - einmal irgendetwas passieren sollte. Dann würde die Welt ebenso solidarisch sein.
Es ist ein Zeichen politischer Freundschaft, ein Zeichen kultureller Freundschaft, ein Zeichen gerade für diese beiden Länder und die Geschichte des deutsch-französischen Zusammenlebens, dass wir uns freundschaftlich unterstützen. Deswegen zählt hier wirklich jeder Cent, der dann auch in Projekte gesteckt wird, mit denen der Spender sich identifizieren kann.
DOMRADIO.DE: Sie haben sicherlich auch Kontakte geknüpft und sich erkundigt, wo man weitere Hilfe bekommen kann, oder?
Scharrenbach: Es gibt ja bereits eine sehr breite Solidarität innerhalb Nordrhein-Westfalens, innerhalb der Bundesrepublik, aber auch in den anderen europäischen Mitgliedsstaaten.
Wir als Landesregierung unterstützen auch unsere Dombauhütten in Nordrhein-Westfalen, die sich mit großer Liebe zu den jeweiligen Domen und Kathedralen für den Erhalt dieses Erbes einsetzen und über ein hohes Fachwissen verfügen. Ich bin mir sicher, dass sie auch europaweit dabei helfen werden, dass Notre-Dame wieder erstrahlen kann.
Das Interview führte Dagmar Peters.