DOMRADIO.DE: Imame, die kein Deutsch sprechen, sind Horst Seehofer schon lange ein Dorn im Auge. Nun plant das Bundesinnenministerium eine Gesetzesverschärfung. Wie Anfang der Woche bekannt wurde, sollen Seelsorger künftig Deutschkenntnisse nachweisen, damit sie in Deutschland ein Arbeitsvisum bekommen. Das betrifft nun aber nicht nur Imame, sondern eben auch christliches Personal. Denn hierzulande herrscht Priestermangel. Immer öfter helfen Seelsorger aus Indien, Afrika oder Lateinamerika bei uns aus. In katholischen und internationalen Gemeinden betrachtet man die Pläne deswegen auch mit Sorge. Sie sind Pfarrer in St. Maria Magdalena in Geldern am Niederrhein und Sie haben auch einen indischen Kollegen: Was sagen Sie denn zu diesen Plänen, Deutschkenntnisse für Seelsorger verpflichtend zu machen?
Christian Olding (Pfarrer in St. Maria Magdalena in Geldern): Wir machen es ohnehin schon lange so. Wir brauchen jetzt keine Gesetzesverschärfung, um für Sprachkenntnisse bei unseren ausländischen Mitbrüdern zu sorgen. Ich glaube, dass Sprache unumgänglich ist, denn ein Seelsorger lebt vom Predigen, von Gesprächen mit den Menschen in der Gemeinde, wo er tätig ist. Da ist natürlich die Sprache erst einmal eine Schlüsselqualifikation, um überhaupt an Menschen heranzukommen. Von daher, wenn jemand sagt, es brauche keine guten Deutschkenntnisse für einen Seelsorger in unseren Gemeinden, halte ich das ohnehin für utopisch.
Ob es eine Gesetzesvorlage braucht dafür, ist eine andere Frage. Da ist die Frage, was für eine Motivation dahinter steckt, so eine Gesetzesvorlage zu bringen. Was will man damit erreichen? Ist es wirklich ein Integrationsansatz? Geht es nicht auch darum, noch mal andere Gefahren damit auszubügeln? Aber dass Sprache an sich eine Schlüsselqualifikation für Seelsorge ist, die hier mit Menschen in Kontakt treten wollen, das ist für mich ohne Frage notwendig.
DOMRADIO.DE: Sie sprechen die Gefahren an. Ein Hintergrund für diese Pläne des Bundesinnenministeriums ist, dass hierzulande immer wieder Imame auf Türkisch oder Arabisch predigen und manchmal ziemlich fundamentalistische Gedanken verbreitet haben. Das ist in christlichen Gemeinden nicht das zentrale Problem. Aber man hört tatsächlich vielerorts diese Klagen, dass die ausländischen Priester einfach nicht zu verstehen sind. Das, sagen Sie auch, müsste gewährleistet sein. Wie kann man das denn sicherstellen?
Olding: Aus unserem Bistum weiß ich, dass vor allem die indischen Mitbrüder, die zu uns kommen, sowohl schon in ihrer Heimat vorbereitet werden, als auch hier vor Ort. In den ersten Monaten, die sie hier sind, lernen sie vor allen Dingen Deutsch. Aber es gehört noch mehr dazu. Wenn ich mir überlege, ich würde jetzt von Deutschland nach Indien aufbrechen, müsste da meinen Dienst tun - Prost Mahlzeit.
Man muss sich da erst mal mit einer neuen Kultur beschäftigen, mit Menschen, die noch mal ganz andere Vorstellungen haben, die noch mal ganz anders leben, vielleicht auch einen ganz anderen Umgang miteinander pflegen. Es gehört noch mehr dazu, heimisch zu werden. Aber da glaube ich, dass Sprache der einfachste und unkomplizierte Schlüssel ist, sich darauf einzulassen.
DOMRADIO.DE: Aber werden ausländische Pfarrer denn zum Beispiel auch in kultureller Hinsicht geschult?
Olding: Sie werden zumindest darauf vorbereitet, was für ein gesellschaftliches System sie hier erwartet. Das andere leistet dann in großen Teilen die Gemeinde. Bei unserem Pater Joji schauen etwa Gemeindemitglieder vor Ort nochmal über die Predigtvorbereitungen, nimmt ihn etwa ganz klassisch zum Einkaufen mit, fährt mit ihm etwa gemeinsam nach Köln. So bekommt er einen Eindruck, wie leben wir denn hier überhaupt? Was macht unser Leben aus?
Da hängt natürlich auch vieles an der Integrationsbereitschaft einer Gemeinde. Denn wenn wir wirklich herangehen und unser Priesterproblem über ausländische Mitbrüder regeln wollen, dann kann man auch von einer Gemeinde erwarten, dass sie sich dann auch auf diesen Mitbruder einlässt und schaut, was müssen wir denn tun, damit ihnen der Einstieg hier einfacher fällt.
DOMRADIO.DE: Klingt ein bisschen so, als sehen Sie das sogar als Chance?
Olding: Es ist auf alle Fälle eine Chance, wenn wir die ganze Zeit von Globalisierung reden und sagen 'Wir werden alle größer und wir müssen auch mehr zusammenarbeiten und uns als Christen zusammentun'.
Die andere Frage, die ich schon an dieses ganze System habe, ist, ob wir damit wirklich unsere Glaubensprobleme vor Ort auf Dauer lösen oder ob wir damit nicht auch ein bisschen unsere Situation verschleiern und der ganzen Situation ein wenig die Dramatik nehmen.
Das Interview führt Verena Tröster.