Nach Seehofers Vorstellungen soll demnach an den Außengrenzen geprüft werden, ob ein Migrant asylberechtigt ist. "Ist er es nicht, kann er nicht verteilt, sondern muss zurückgeführt werden", sagte der Minister den Zeitungen der Funke Mediengruppe (Sonntag). Er forderte einen "massiven" Ausbau der europäischen Grenzschutzpolizei Frontex.
Angesichts der Weigerung vieler osteuropäischer Staaten, Flüchtlinge aufzunehmen, deutete Seehofer einen Kompromiss an: "Wenn ein Staat, sich bei der Verteilung nicht beteiligt, dann muss er das System anderweitig unterstützen." Es könne durchaus "eine Form von flexibler Solidarität" geben. Wie dies konkret aussehen soll, etwa durch Geldzahlungen, ließ Seehofer offen.
"Endlich sichtbar vorankommen"
Nachdem er zuletzt EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen kritisiert hatte, beklagte der Innenminister erneut die Asylpraxis. Er sei sehr daran interessiert, dass die Idee der europäischen Integration in der Praxis auch funktioniere.
"Ob bei der Seenotrettung, bei der Rückholung von Kindern aus Griechenland oder bei der Verteilung von Flüchtlingen - im Moment sind es immer nur wenige Staaten, die einspringen", bemängelte er. "Wir müssen das Thema gemeinsam anpacken und endlich sichtbar vorankommen." Die Kommission spiele eine ganz wichtige Rolle, sagte Seehofer. "Ich bin sehr gespannt, welche Vorschläge für ein Gemeinsames Europäisches Asylsystem von dort jetzt bald vorgelegt werden."
Pro Asyl: Kein Massenverfahren an den Grenzen
Kritik an Seehofers Vorstoß kam von der Organisation Pro Asyl. "Wir lehnen Massenverfahren an den Grenzen ab", erklärte Geschäftsführer Günter Burkhardt am Sonntag. Mit Seehofers Konzept würde "der Rechtsstaat an der EU-Grenze ausgehebelt", hieß es.
In Asylverfahren an den EU-Außengrenzen könnten die Menschen kaum anwaltliche Vertretung bekommen. Auch sei eine gerichtliche Überprüfung von "behördlichen Fehlentscheidungen" kaum möglich. "In Haftlagern wird der Rechtsstaat faktisch außer Kraft gesetzt."