Präsidentschaftskandidat Javier Milei hat sich von dem Vorschlag eines engen Beraters distanziert, im Falle eines Wahlsieges die diplomatischen Beziehungen zum Vatikan abzubrechen. In der Partei sei weder darüber debattiert worden noch sei eine solche Entscheidung geplant, sagte Milei nun der Zeitung "Clarin".
Bei der Wahlkampfabschlussveranstaltung von Mileis Partei "La Libertad Avanza" hatte Wirtschaftswissenschaftler Alberto Benegas Lynch in dieser Woche unter dem Jubel Tausender Anhänger das Ende der diplomatischen Beziehungen mit dem Vatikan gefordert, solange dort an der Spitze ein "totalitärer Geist" herrsche.
Man müsse die gleichen antikirchlichen Maßnahmen ergreifen wie vor über 100 Jahren Präsident Julio Argentino Roca.
Auch argentinische Regierung meldete sich zu Wort
In einer ersten Reaktion darauf zeigte sich der Erzbischof von Buenos Aires, Jose Ignacio Garcia Cuerva, "schockiert und überrascht" von dem Vorstoß. Man sei erstaunt über diesen Abschluss der Kampagne, in der jemand so etwas obendrein auch noch im Namen der katholischen Religion vorschlage.
Dann müsse er wohl eine eigene private Religion haben, sagte Garcia Cuerva in einem Radio-Interview. "Ich möchte lieber mit der Inflation und der Armut brechen", so der Geistliche. Es sei notwendig, Gemeinsamkeiten zu suchen, anstatt eine neue Kluft zu schaffen.
Auch die argentinische Regierung meldete sich zu Wort. "Mileis Vorschlag, die diplomatischen Beziehungen zum Vatikan auszusetzen, ist lächerlich und beleidigend", kommentierte Außenminister Santiago Cafiero in einem Beitrag auf seinem offiziellen X-Account, begleitet von einem Foto des katholischen Kirchenoberhaupts und einer argentinischen Flagge.
Der Vorschlag repräsentiere weder die Gefühle der argentinischen Männer und Frauen noch die freundschaftliche Tradition unserer Außenpolitik, die auf Respekt für alle Religionen beruhe, so Cafiero weiter.
Benegas Lynch hatte in seiner von "Freiheit, Freiheit"-Rufen gefeierten Rede an die Präsidentschaft von Julio Argentino Roca erinnert, der von 1898 bis 1904 Argentinien regierte. In seine Amtszeit fiel unter anderem die Verstaatlichung des kirchlichen Bildungssystems und die Einführung der kostenfreien Grundschulausbildung, was laut Historikern zu einem zeitweisen Bruch mit dem Vatikan führte.
Verhältnis zwischen Papst Franziskus und Javier Milei gilt als angespannt
Das Verhältnis zwischen Papst Franziskus und Javier Milei gilt als stark angespannt. Milei hatte zuletzt den Papst immer wieder scharf kritisiert. In einem millionenfach abgerufenen Interview mit dem US-Journalisten Tucker Carlson erklärte Milei, Franziskus unterstütze de facto die brutalen Linksdiktaturen in Lateinamerika, weil er deren Menschenrechtsverletzungen nicht klar verurteile.
Der Papst wiederum warnte vor wenigen Tagen in einem TV-Interview mit der staatlichen Agentur Telam - ohne Milei namentlich zu nennen - vor "messianischen Clowns". Zu viele Leute klammerten sich an deren Versprechungen. Ihn erinnere das an den Rattenfänger von Hameln, der mit seinem Flötenspiel die Leute verzaubere, die dann aber ertrinken würden, so Franziskus. Als Jesuit hatte er vor Jahren einige Zeit in Deutschland gelebt.
Am Sonntag stehen in Argentinien die Präsidentschaftswahlen an: Milei von der radikal-marktliberalen "La Libertad Avanza" liegt laut Umfragen knapp vor dem Vertreter des linksperonistischen Regierungslagers um Wirtschaftsminister Sergio Massa und vor der konservativen Kandidatin Patricia Bullrich.
Zuletzt sah allerdings auch eine Umfrage Massa knapp vorne. Keine Erhebung geht von einem Wahlsieg im ersten Durchgang aus. Die Entscheidung würde dann in einer Stichwahl am 19. November fallen.