Woelki warnte vor einer Aushöhlung des Asylrechts durch ein gemeinsames europäisches Asylsystem. "Viele der vorgeschlagenen Regelungen hätten gravierende Auswirkungen auf die nationalen Asylsysteme", sagte der Kölner Erzbischof der Rheinischen Post (Montag). Jüngst beschlossen die EU-Staaten, sich in der ersten Jahreshälfte 2018 auf ein gemeinsames Asylsystem zu einigen.
Zunächst soll demzufolge nach dem Willen der Länder geprüft werden, ob nicht ein anderer Staat für die Schutzgewährung zuständig sein könnte. "Hierbei wird auch darüber nachgedacht, die Kriterien für einen sicheren Drittstaat derart aufzuweichen, dass viele Schutzsuchende in der EU überhaupt keinen Antrag auf Asyl mehr stellen könnten", kritisierte Woelki.
Debatte um Obergrenze "Scheindiskussion"
Mit Blick auf die Regierungsbildung in Berlin mahnte er: "Diese europäische und in gewisser Weise globale Dimension des Flüchtlingsschutzes muss von den Partnern einer künftigen Regierungskoalition unbedingt berücksichtigt werden, bevor auf europäischer Ebene Fakten geschaffen werden." Die Debatte in der Union um eine Obergrenze nannte Woelki eine "Scheindiskussion, die kein einziges Problem löst und die auch nur ablenkt von den wahren Gründen von Flucht und Migration".
Der Kardinal warnte zudem davor, in eine "Neiddebatte" einzutreten. "Es werden Angstgefühle geschürt; die Menschen sollen glauben gemacht werden, dass es nicht für alle reicht und uns ein Stück unseres Wohlstandes genommen werde", erklärte Woelki. Er habe jedoch die Hoffnung, dass Deutschland angesichts der derzeitigen tatsächlichen Flüchtlingszahlen "die Herausforderung meistert".