Es sei wichtig, "dass die Staatengemeinschaft sich auf globaler Ebene darüber verständigt, wie man gemeinsam zu guten Lösungen kommt", sagte Woelki im Interview der Zeitungsgruppe der "Rheinischen Post" am Samstag.
Große Not in ärmeren Ländern
Wem es gut gehe, müsse auch Verantwortung für Schwache übernehmen.
Man müsse bei Migration anerkennen, "dass die weit umfangreicheren Bewegungen nicht bei uns in Europa stattfinden, sondern die ärmeren Länder – zum Beispiel die in Afrika – weit mehr treffen", so der Kardinal. Die Not dort sei groß.
Abkommen der Weltgemeinschaft
Daher seien das "Engagement aller" und "gerechte, solidarische Lösungen in der einen Weltgemeinschaft" nötig. Der UN-Migrationspakt sei ein "gutes Abkommen".
Um einem weiteren Auseinanderdriften der Gesellschaft vorzubeugen, müsse man bei Integration und Inklusion gemeinsam anpacken.
Christentum: "Haltung gegenüber Mitmenschen"
"Das Christentum ist nicht nur ein frommer Glaube, es ist auch eine ganz konkrete Haltung gegenüber Mitmenschen."
Deshalb wolle man auch "ein geistiges Klima befördern, das uns daran erinnert: Gott ist Mensch geworden, nicht 'Bio-Deutscher'", betonte Woelki.
Vokabular von Politikern "erschütternd"
Es habe ihn "erschüttert, dass demokratische Politiker der Mitte sich im vergangenen Jahr eines Vokabulars zu bedienen begonnen haben, dem extremistische Kräfte applaudieren und in aller Öffentlichkeit dankbar auch noch mit eigenen Hassparolen anreichern".
Der Umgang mit Migration sei ein "Top-Thema" für viele Menschen. "Aber an die Stelle der Debatte im Parlament tritt leider zunehmend der Clinch der Chat-Bots", kritisierte der Kardinal.
Demokratie verliert
Manche Menschen wanderten in "Meinungsblasen" ab. So könnten nur "die politischen Scharfmacher links wie rechts" gewinnen; demokratische Mechanismen verlören an Bedeutung, sagte Woelki.
"Wir müssen mit Transparenz und Offenheit darüber sprechen, was Menschen bewegt. Daran führt kein Weg vorbei. Dazu gehört es auch, manche Probleme infolge von Migration deutlich zu benennen."
Keine Angst um christliche Identität?
Mit Blick auf Schätzungen zu steigenden Zahlen von Muslimen in Deutschland sagte Woelki: "Wir müssen uns genau dann, und nur dann, keine Angst um unsere christliche Identität machen, wenn wir selbst mit Überzeugung und Freude für unseren Glauben eintreten und ihn leben."
Die christliche Identität sei nicht geeignet, "ein demografisches Bollwerk gegen Zuwanderer zu errichten". Abgrenzung könne und müsse ausschließlich gegenüber jenen stattfinden, die "die Werte unseres Grundgesetzes nicht akzeptieren".