Tomas Halik, katholischer Theologe und Soziologe sowie einer der bekanntesten Intellektuellen der Tschechischen Republik, ist mit dem Bundesverdienstkreuz erster Klasse geehrt worden. Der 71-Jährige nahm die Ehrung am gestrigen Montag in der deutschen Botschaft in Prag entgegen - auf den Tag genau 41 Jahre, nachdem er in Erfurt durch Bischof Hugo Aufderbeck geheim zum Priester geweiht worden war.
Mit der Auszeichnung werde Haliks Engagement für die deutsch-tschechische Versöhnung, eine gerechte Bürgergesellschaft, interreligiösen und internationalen Dialog sowie den Humanismus gewürdigt, erklärte der deutsche Botschafter Christoph Israng bei der Ordensverleihung in Prag.
Halik auch Ziel von Hasskommentaren
"Er spricht sich für Toleranz und Dialog unter den Angehörigen verschiedener Völker, Religionen und politischen Gruppen und für mehr Humanität in den modernen Bürgergesellschaften Europas aus", so Israng. Dabei ziehe er jedoch immer wieder hasserfüllte Kommentare auf sich. "Leider haben wir das jetzt am Wochenende erst wieder im Vorfeld dieser Ordensverleihung erleben müssen", kritisierte der Botschafter.
Tomas Halik erinnerte in seiner Dankesrede an seinen Weihetag am 21. Oktober 1978. Damals habe ihn am Erfurter Hauptbahnhof ein Propagandaplakat mit dem Zitat Lenins "Aus dem Funken schlägt die Flamme" empfangen. Dies sei auch ein schönes Motto für sein Wirken als Priester, habe er damals gedacht. "Seit meiner Kindheit bin ich mit der deutschen Sprache, Kultur, Literatur und Musik verbunden." Daher habe er es immer als seine Aufgabe gesehen, "Wunden zwischen unseren Völkern" zu heilen. "Ich wünsche mir, dass Deutsche und Tschechen Seite an Seite im Herzen Europas und mit Europa im Herzen das Haus Europa in Freiheit, Recht und Gerechtigkeit mitgestalteten", so der Geehrte.
Zahlreiche Auszeichnungen
Der 1948 in Prag geborene Halik nimmt als Professor der renommierten Prager Karls-Universität und einstiger Vertrauter des verstorbenen Staatspräsidenten Vaclav Havel regelmäßig zu politischen und ethischen Fragen Stellung. Zu einer seiner zahlreichen Auszeichnungen gehört der Templeton-Preis für besondere Leistungen im Bereich Wissenschaft und interreligiöser Verständigung, der ihm vor fünf Jahren verliehen wurde.
Während des Sozialismus in der damaligen Tschechoslowakei war Halik in der katholischen Untergrundkirche aktiv. Als Untergrundpriester hielt Halik geheime Seminare ab; zu seinem Dissidentenzirkel gehörten auch die Brüder Havel. Er galt als enger Freund des 2011 gestorbenen früheren Präsidenten Vaclav Havel.
Pfarrer mit weitreichender Lebenserfahrung
Nach der demokratischen Wende von 1989 wurde er Pfarrer der katholischen Hochschulgemeinde in Prag und Professor an der Karls-Universität. Halik ist Autor zahlreicher Bücher, die auch ins Deutsche übersetzt wurden, darunter "Glaube und sein Bruder Zweifel" und "Nicht ohne Hoffnung".
Elf Jahre lang arbeitete er im Zivilberuf als Psychotherapeut für Alkohol- und Rauschgiftsüchtige. Zeitweilig lebte Halik in einem buddhistischen Kloster in Indien und hielt Vorträge in den USA. Unter anderem ist er Präsident der Tschechischen Christlichen Akademie.