"Die Gründe für den islamischen Antisemitismus liegen tiefer, und sie sind religiös konnotiert, sie liegen im Koran und den anderen als heilig gesehenen Quellen."
Ourghi führt aus, dass bis heute bei Demonstrationen von Hamas-Anhängern - auch in Deutschland - antisemitische Parolen gerufen würden, die sich auf im Koran erzählte Ereignisse des siebten Jahrhunderts bezögen. Etwa auf den Sieg des Propheten und seiner Anhänger über die jüdische Oase Chaibar im Jahr 628. Iranische Raketen seien "Chaibar" benannt worden.
Überwindung vom Hass liegt in moderner Lesart
Für den Theologen liegt der Schlüssel für eine Überwindung von muslimischem Hass auf Juden und Israel in einer historisch-kritischen, modernen Lesart des Koran. "Die Muslime brauchen dringend eine aufklärend-reflektierte Erinnerungskultur", schreibt Ourghi. Der Koran dürfe nicht wortwörtlich, sondern müsse im Spiegel seiner Entstehung gelesen und interpretiert werden. "Dadurch kann der Koran zu einem Buch des Friedens werden."
Der an der Freiburger Pädagogischen Hochschule lehrende Theologe schlägt vor, die historischen Hintergründe bei der Entstehung des Korans im islamischen Religionsunterricht stärker zu behandeln. Muslimische Schüler sollten zu Exkursionen in Schoah-Gedenkstätten gehen. Begegnungen zwischen jungen Muslimen und Juden in Synagogen und Moschen könnten "viele Wunden heilen und den Weg zu einem friedlichen Miteinander ebnen".
Konservative kritisieren Ourghi scharf
Ourghi leitet seit 2011 den Fachbereich Islamische Theologie und Religionspädagogik an der PH. Konservative Muslime kritisieren ihn scharf. Im Streit liegt er auch mit der Stiftung Sunnitischer Schulrat, die Ourghis wissenschaftliche Qualifikation anzweifelt.
Ourghi hat sich wiederholt für eine grundlegende Reform von Theologie und religiöser Praxis des Islam ausgesprochen. Nötig sei eine islamische Aufklärung und die Ausbildung eines europäischen Islams. Zuletzt hat er ein Buch über Antisemitismus im Koran veröffentlicht.