Die Schließung der Balkanroute hat zu einem deutlichen Rückgang der Zahl neuer Flüchtlinge in Deutschland geführt. Im März wurden von den Ländern nur noch rund 20.500 Asylsuchende registriert, wie aus der Statistik des Bundesinnenministeriums hervorgeht. Im Februar waren es noch fast dreimal so viele (61.000), im Januar mehr als 90.000. Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU), der die Statistik in Berlin vorstellte, will aber noch keine Jahresprognose abgeben. Das sei zum jetzigen Zeitpunkt nicht seriös, sagte er.
Schließung der Balkanroute wirkt sich aus
Es lasse sich nicht bestreiten, dass der Rückgang ganz wesentlich auf die Schließung der Balkanroute zurückzuführen sei, sagte de Maizière. Deutschland hatte die Grenzschließungen im Osten Europas als einseitige nationale Maßnahmen kritisiert. Der CDU-Politiker erklärte den Streit darüber nach dem inzwischen inkraft gesetzten EU-Türkei-Abkommen für "erledigt". Es gebe jetzt eine europäische Lösung. "Die Zeit des Durchwinkens ist vorbei, schon für Griechenland", erklärte er.
Nach de Maizières Angaben ist seit Jahresanfang auch die Zahl der Rückführungen gestiegen. 4.500 Abschiebungen gab es demnach in den ersten drei Monaten, allein im Februar reisten zudem 5.000 Menschen freiwillig aus. Am Donnerstag wurden erstmals 24 Tunesier in einem Charterflug zurück in ihr Heimatland gebracht.
Der Rückgang der Asylzahlen lässt auch die Lücke zwischen registrierten Flüchtlingen und tatsächlichen Asylantragstellern im lange Zeit heftig überforderten Bundesamt für Migration und Flüchtlinge kleiner werden. BAMF-Leiter Frank-Jürgen Weise sagte, im ersten Quartal seien 150.000 Bescheide ergangen, im Vergleichszeitraum 2015 waren es 58.000. Die Behörde, die über Asylanträge entscheidet, war personell massiv aufgestockt worden.
Weise räumte am Freitag allerdings ein, man hinke bei den Neueinstellungen hinterher. Die momentane Verstärkung in der Behörde ist auf Abordnungen anderer Verwaltungen, darunter Zoll, Bundeswehr und Bundesagentur für Arbeit zurückzuführen.
Warnung vor Abbau von Erstaufnahmekapazitäten
De Maizière warnte angesichts des momentanen Rückgangs beim Zuzug von Flüchtlingen vor einem Abbau der Erstaufnahmekapazitäten in den Ländern. Man sei gut beraten, derzeit nicht benötigte Einrichtungen nur stillzulegen, um sie notfalls reaktivieren zu können. Man wisse nicht, wie sich die Zahlen langfristig entwickelten, ob beispielsweise wieder mehr Flüchtlinge über die Mittelmeerroute von Libyen nach Italien kämen. Entwicklungsminister Gerd Müller (CSU) sagte der "Rheinischen Post" (Freitagsausgabe), er rechne mit bis zu 200.000 Afrikanern, die in Libyen auf eine Überfahrt warteten. De Maizière bestätigte diese Zahl nicht, sagte aber, er halte sie für zu niedrig angesetzt.
Pro Asyl fordert deutliche Aufstockung der Integrationskurse
Die aktuellen Zahlen zeigen auch eine hohe Anerkennungsquote. Vor diesem Hintergrund forderte Pro Asyl-Geschäftsführer Günter Burkhardt eine deutliche Aufstockung der Integrationskurse. Es sei mit einem weit höheren Bedarf zu rechnen als bislang kalkuliert, sagte er. Auch die Integrationsbeauftragte der Bundesregierung, Aydan Özoguz (SPD), sagte im SWR-Hörfunk: "Es reicht immer noch nicht."
Weise zufolge reichen die Kapazitäten bislang für 290.000 Flüchtlinge. Ersten Schätzungen zufolge würden aber Kursplätze für 500.000 Menschen gebraucht. Die zusätzlich benötigten Plätze - wahrscheinlich rund 200.000 - würden aber erst beantragt, wenn Klarheit über die Berechnungen bestehe. De Maizière versprach: "Wir werden einen Weg finden." Er verwies auf Gespräche mit Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles (SPD) und Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU).
De Maizière und Nahles verhandeln derzeit über ein Integrationsgesetz. De Maizière zufolge ist dabei auch ein "Gesamtprogramm Sprache" in Arbeit, in dem Kurse des Innen- und Arbeitsministeriums besser verzahnt werden sollen. Dies werde auch Auswirkungen auf die Kapazitäten haben, sagte er.