ZdK-Präsident kritisiert Ditib-Absage für Kölner Demonstration

"Nicht verstanden, worum es geht"

Aus der für diesen Samstag in Köln geplanten Demonstration von Muslimen gegen Terror ist seit der Absage der Ditib ein Politikum geworden. Auch ZdK-Präsident Thomas Sternberg kann diese Entscheidung nicht nachvollziehen.

Ditb bleibt Anti-Terror-Demonstration in Köln fern / © Jens Schulze (epd)
Ditb bleibt Anti-Terror-Demonstration in Köln fern / © Jens Schulze ( epd )

domradio.de: Bundesinnenminister Thomas de Maiziere hat im Vorfeld der Demonstration "Nicht mit uns!" gesagt, er halte eine Beteiligung für besser als sich herauszuhalten. Die Absage des Islamverbandes Ditib haben Sie selbst als "ein verheerendes Zeichen" tituliert. Ist das nicht ein bisschen hoch gegriffen?

Prof. Thomas Sternberg (Präsident des Zentralkomitees der Deutschen Katholiken/ZdK): Das Problem an der Sache ist, dass es nicht allein um irgendeine Demonstration gegen den Terrorismus geht, sondern um ein Zeichen gegen die Politisierung, gegen die Ausnutzung von Religionen, genauer um die Pervertierung einer bestimmten großen Religion, des Islam hin zum Islamismus. Es geht um einen Terrorismus, der sich auf den Namen Allahs bezieht. Dass hier religiöse Gefühle von Menschen ausgenutzt werden, denen man vorgaukelt, man würde mit Massenmord, indem man sich selber zur Bombe macht, ein himmlisches Paradies erwerben, ist eine solche Ungeheuerlichkeit und ein solcher Widerspruch gegen den Islam, dass ich mich darüber freue, dass Muslime immer wieder deutlich machen, dass dies nicht der Islam ist. Wenn ein großer Islam-Verband sagt, dass so eine Demonstration zu einer Stigmatisierung des Islams führen kann, dann haben wir genau das Problem, dass uns droht, genau diese Diskussion um den Islam in Deutschland aus dem Ruder zu laufen, denn wir erleben in der Islamdebatte immer weniger Differenzierung. Da ist offenbar nicht verstanden worden, worum es geht.

domradio.de: In gewissem Sinne ist dies das Argument, das die Ditib anführt. Sie sagen, gerade weil man nicht differenziere, weil man den Islam durch solche Veranstaltungen wie diese Demonstration mit Terror gleichsetze, müsse man sich da raushalten. Ist das keine verständliche Meinung?

Sternberg: Meines Erachtens überhaupt nicht. Indem Muslime deutlich machen, dass diese Terrorakte nicht zu ihrer Religion gehören und sie damit nichts zu tun haben und gegen die Pervertierung ihrer Religion demonstrieren, zeigen sie, dass diejenigen, die glauben, man könnte undifferenziert von einer Gewalttätigkeit dieser Religion sprechen, Lügen gestraft werden.

domradio.de: Es gibt eine große Zahl von Unterstützern für die Veranstaltung auch außerhalb der muslimischen Welt. Jüdische Verbände sind ebenso dabei wie die großen Kirchen und auch der Zentralrat der Muslime in Deutschland. Auch Sie mit dem großen Laiengremium der katholischen Kirche haben sich beteiligt. Welche Rolle spielt es denn, dass auch andere Religionsvertreter wie die Christen sich beteiligen?

Sternberg: Das ist für uns alle ganz wichtig. Wir leben heute in einer Zeit, in der der Vorwurf, die monotheistischen Religionen seien an sich bereits gewalttätig und seien die Ursachen für Gewalt, grundsätzlich falsch ist. Das ist schon deshalb falsch, weil die schlimmsten Gräueltaten in den letzten 200 Jahren von Bewegungen begangenen wurden, die geradezu antireligiös waren, wie dem Nationalsozialismus, dem Stalinismus oder dem Maoismus. Wir müssen als Christen, Juden und Muslime immer wieder deutlich machen, dass unsere Religion auf einen barmherzigen Gott vertraut und eben nicht gewalttätig ist - auch wenn in unserer Geschichte natürlich Gewalt vorkommt. Das ist Fakt und da will ich auch gar nichts aufrechnen. Aber wir müssen deutlich machen: Wer glaubt, man könne gewalttätig sein und Morde durch Religion legitimieren, der muss in die Schranken gewiesen werden.

domradio.de: Schauen wir in die Zukunft: In einem knappen Jahr steht der Katholikentag in Münster an, den Sie als ZdK verantworten. Wäre das nicht auch ein Ort, um gegen Terror und für Toleranz mit Muslimen ein Zeichen zu setzen?

Sternberg: Das machen wir unentwegt und das ist für uns auch eine unserer wichtigsten Aufgaben. Wir haben im vergangenen Jahr eine ganz wichtige Schrift veröffentlicht, die unser Gesprächskreis Christen und Muslime beim ZdK unter dem Titel "Keine Gewalt im Namen Gottes" publiziert hat. Das ist ein Text, den zehn führende Muslime und zehn Christen unterschrieben haben, in dem man sich damit beschäftigt, wie das mit Gewaltaussagen in Bibel und Koran aussieht. Wie geht man mit Gewaltaussagen um? Dieser Text wurde übrigens auch von Herrn Alboga, dem Generalsekretär der Ditib in Deutschland unterschrieben. Insofern gibt es durchaus Gesprächskontakte. Es ist deshalb auch ganz schwer verständlich, wie Herr Alboga in dieser Diskussion von seiner ursprünglichen Absicht, die Demonstration zu unterstützen, wieder abgerückt ist oder abrücken musste.

Das Interview führte Renardo Schlegelmilch.


Thomas Sternberg / © Elisabeth Schomaker (KNA)
Thomas Sternberg / © Elisabeth Schomaker ( KNA )
Quelle:
DR