15 Jahre nach der Aufdeckung des Missbrauchsskandals am Berliner Canisius-Kolleg fordert das Zentralkomitee der deutschen Katholiken (ZdK) eine stärkere Aufarbeitung in der katholischen Kirche. Selbstkritisch blickt dessen Vorsitzende Irme Stetter-Karp am Dienstag in Berlin auf die eigene Organisation.
Mehrere Jahre hinweg hätten auch weite Teile der organisierten Vertretung der katholischen Zivilgesellschaft in Deutschland "das Thema verdrängt und das Ausmaß der Gewalttaten nicht für möglich gehalten". Stetter-Karp: "Als Präsidentin des ZdK bitte ich die Betroffenen von sexueller Gewalt in der Kirche um Entschuldigung."
Im Januar 2010 waren am Canisius-Kolleg in Berlin zahlreiche Missbrauchsfälle publik geworden. Das löste in der Folge einen bundesweiten Missbrauchsskandal in zahlreichen kirchlichen, aber auch anderen Einrichtungen aus.
Frage nach Schadensersatz
ZdK-Vizepräsident Wolfgang Klose verwies auf die Frage nach der Entschädigung der Opfer. "Wir haben in der Kirche die Zahlung von Geldern zur Anerkennung des Leids", so Klose. "Das ist gut so. Aber diese Zahlungen ersetzen nicht die Frage nach Schadensersatz."
Zugleich betonte er, dass er den Vorschlag der Missbrauchsbeauftragten der Bundesregierung, Kerstin Claus, unterstütze, eine Stiftung zu gründen, die Betroffenen von sexuellem Missbrauch helfen solle. Eine Stiftung könne sowohl Hilfe in Form von Beratung und Therapie ermöglichen als auch die Anerkennungs- und Erinnerungskultur fördern.
Der heutige Schulleiter des Canisius-Kollegs, Jan Bernhardt, zog eine positive Bilanz der Aufarbeitung. "Die Art und Weise, wie die Schulgemeinschaft und der Jesuitenorden als Träger der Schule damit umgegangen ist, hat dazu geführt, dass ein Schaden verhindert worden ist", sagte er gegenüber DOMRADIO.DE.
Die Verantwortlichen hätten Transparenz gezeigt und immer auch nach außen kommuniziert, welche Konsequenzen aus dem Skandal für die Arbeit mit Kindern und Jugendlichen zu ziehen seien, fügte der Schulleiter hinzu. "Dass diese Schule weiterhin gut existiert, hängt ganz viel damit zusammen, dass wir das auch weiterhin als unsere Verpflichtung wahrnehmen, was da 2010 passiert ist."
Teil der Schulgeschichte
Das Canisius-Kolleg feiert in diesem Jahr den hundertsten Geburtstag. Bernhardt sagte dazu, der Missbrauchsskandal gehöre zur Schulgeschichte dazu; er sei eine tägliche Herausforderung in der pädagogischen Arbeit. "Es ist für uns auch eine Frage, die nach innen ganz zentral ist. Es ist Teil unseres Selbstverständnisses als pädagogischer Ort, als Herausforderung, die da ist."