Zehn Jahre Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz

Maas fordert mehr Akzeptanz nicht-christlicher Religionen

Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) hat für eine bessere Akzeptanz nicht-christlicher Religionen in Deutschland geworben. Das gelte auch für sein Ministerium.

Justizminister Heiko Maas  / © Paul Zinken (dpa)
Justizminister Heiko Maas / © Paul Zinken ( dpa )

"Eine Muslima mit Kopftuch, ein junger Mann mit einer Kippa oder ein Minarett gehören in Deutschland genauso dazu wie das Läuten der Kirchenglocken", sagte Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) am Dienstag in Berlin. Zugleich betonte er, die Antwort auf eine wachsende Vielfalt könne nicht sein, die Privilegien für einige zu sichern und die Diskriminierung anderer fortzusetzen. Der Minister äußerte sich bei einem Festakt zum zehnjährigen Bestehen des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (AAG).

Der Bundestag hatte das Gesetz nach kontroverser politischer Diskussion im Juni 2006 beschlossen. Es soll danach in Beruf und Alltag vor Diskriminierungen wegen des Alters, einer Behinderung, der ethnischen Herkunft, aus rassistischen Gründen, der Religion oder Weltanschauung und wegen der sexuellen Identität schützen. Dazu gehört die Einrichtung einer unabhängigen Antidiskriminierungsstelle des Bundes, die beim Bundesfamilienministerium angesiedelt ist.

Mehr "Mehmets" und "Aishas" im Ministerium

Maas betonte, das AAG wirke und die Horrorvision, die einige gehabt hätten, sei nicht Wirklichkeit geworden. So sei die Anzahl der Klagen vor den Arbeitsgerichten überschaubar. Diskriminierung sei dadurch weniger geworden, verschwunden sei sie aber nicht. Um diese weiter abzubauen, seien aber nicht nur Gesetze notwendig, es müsse sich auch in den Köpfen vieler etwas ändern. Bei einer Untersuchung sei etwa festgestellt worden, dass Bewerber mit einem türkisch klingenden Namen bei gleichen Qualifikationen deutlich häufiger eine Absage erhielten als die mit einem deutsch klingenden Namen. Auch in seinem Ministerium müsse es mehr "Mehmets" und "Aishas" geben, räumte er ein.

Seit zehn Jahren ist in Deutschland die Diskriminierung wegen des Geschlechts, der Religion oder einer Behinderung verboten. Verbesserungen hat das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz vor allem im Berufsleben gebracht. Der Schutz vor Diskriminierung ist nach den Worten von Bundesjustizminister Maas "aktueller als uns lieb sein kann". Nur die Gleichbehandlung aller Bürger sichere den inneren Frieden.

Noch Besserungsbedarf

​Das Gesetz habe dazu viel beigetragen und den Grundsatz der Gleichbehandlung im Arbeits- und im Zivilrecht verankert. Die Leiterin der Antidiskriminierungsstelle des Bundes, Christine Lüders, bezeichnete das Gesetz als "Meilenstein" im Kampf um Diskriminierung. Es habe in vielen Bereichen einen Kulturwandel eingeleitet. Zugleich forderte sie, dass der Gesetzgeber sich nach zehn Jahren erneut damit befassen müsse. So müssten die Fristen für eine Anzeige bei einer Diskriminierung am Arbeitsplatz von zwei auf sechs Monate verlängert werden. Zudem müsse es die Möglichkeit einer Verbandsklage geben. Die Hürde, etwa gegen den Arbeitgeber zu klagen, sei für viele zu hoch.

Maas erwiderte, man könne beim AGG noch besser werden, und machte deutlich, dass die SPD die Forderungen politisch unterstützt. Er stellte aber keine Novellierung in Aussicht. Zur Rehabilitierung der in der Bundesrepublik und DDR auf der Basis des alten Homosexuellen-Paragrafen verurteilten Männer will Maas hingegen im Oktober einen Gesetzentwurf vorlegen.

Deutschland ist Vorbild

Die EU-Kommissarin für Justiz, Verbraucher und Gleichstellung, Vera Jourová, bescheinigte der Bundesrepublik eine Vorreiterrolle in der Anti-Diskriminierungspolitik. Deutschland sei über die Mindestanforderungen der Europäischen Union hinausgegangen. Daran könnten sich andere Länder orientieren, sagte die EU-Kommissarin. Auf EU-Ebene steht die Verabschiedung einer Richtlinie noch aus, die das Antidiskriminierungsrecht über das Arbeitsrecht hinaus auch im Zivilrecht verankert.

Im deutschen Arbeitsrecht habe das Antidiskriminierungsrecht für Verbesserungen gesorgt, bilanzierte die Vorsitzende des Achten Senats des Bundesarbeitsgerichts, Anja Schlewing. Die Gleichbehandlung sei Teil des Arbeitsrechts geworden. Das Gesetz helfe nicht nur, Fälle von Benachteiligung vor Gericht zu bringen, sondern auch Diskriminierung auf dem Arbeitsmarkt zu verhindern. Verschwunden sei sie allerdings nicht.

Fast jeder Dritte ist Opfer von Diskriminierung 

Nach einer Studie der Antidiskriminierungsstelle des Bundes hat nahezu jede und jeder Dritte in den vergangenen zwei Jahren eine Diskriminierung erlebt. In einzelnen Gruppen liegen die Werte den Angaben zufolge höher. Behinderte gaben zu rund 40 Prozent an, benachteiligt worden zu sein, unter den Migranten war es jeder Zweite. Seit der Einrichtung der Stelle vor zehn Jahren haben sich 16.000 Bürger an das Beratungsteam gewandt.

Das Gleichbehandlungsgesetz war im August 2006 in Kraft getretenen. Es hat zum Ziel, Benachteiligungen aus Gründen der Rasse, des Geschlechts, der sexuellen Orientierung, der ethnischen Herkunft, Religion oder Weltanschauung sowie einer Behinderung oder wegen Alters zu beseitigen. Es wirkt sich vor allem im Arbeitsleben aus, aber beispielsweise auch im Mietrecht oder in der Freizeit. Anfang dieses Jahres sorgte für Schlagzeilen, dass Flüchtlingen und ausländisch aussehenden Deutschen in mehreren Städten der Einlass in Diskotheken verwehrt worden war.


Quelle:
KNA , epd