Zehntausende Menschen haben am Samstag in vielen deutschen Städten gegen die geplante Reform des EU-Urheberrechts demonstriert. In Berlin versammelten sich nach Angaben der Polizei mehr als 10.000 Teilnehmer auf dem Potsdamer Platz zu einem Protestzug zum Brandenburger Tor. In München gingen 40.000 Menschen auf die Straße, in Köln waren es nach Angaben der Veranstalter etwa 6.000. Die Kritiker der Urheberrechtsnovelle, die das EU-Parlament am Dienstag verabschieden will, befürchten eine Einschränkung der Meinungsfreiheit im Internet durch sogenannte Upload-Filter. Diese Filter sollen beim Hochladen prüfen, ob Bilder, Videos oder Musik urheberrechtlich geschützt sind.
Meinungsfreiheit in Gefahr
Zu den bundesweiten Demonstrationen hatten Bündnisse aus Bürgerrechts- und Internetorganisationen sowie Parteien aufgerufen. Die Initiative "Save the Internet" verzeichnete auf ihrer Internetseite Demonstrationen in mehr als 40 deutschen Städten. Außerdem waren Protestmärsche in vielen Städten im europäischen Ausland angekündigt, darunter Paris, Athen, Amsterdam und Warschau.
In Düsseldorf versammelten sich am Nachmittag knapp 4.000 Demonstranten. Auf Transparenten und Flugblättern hieß es: "Save our Internet", "Error - Demokratie not found", "Pro Kulturfreiheit" oder auch "Zensur wird zur Diktatur". Andere Slogans lauteten: "Diesel-Filter statt Upload-Filter" oder "Article 13 kills free Speech". Die Reform werde "massive Auswirkungen auf die Meinungsfreiheit und die Vielfalt des Internets haben", warnten Redner.
In Hannover gingen mehr als 3.200 Demonstranten auf die Straße, in Hamburg rechnete die Polizei mit etwa 3.000. Rund 5.000 Menschen demonstrierten laut Polizei in Frankfurt am Main friedlich für ein weiterhin freies Internet. An einer Kundgebung in Saarbrücken beteiligten sich nach Angaben der Polizei und der Veranstalter mehr als 2.000 Menschen.
Bischof äußert sich kritisch
In Karlsruhe und Stuttgart demonstrierten jeweils rund 5.000 Menschen. Der Bischof der Diözese Rottenburg-Stuttgart, Gebhard Fürst, erklärte auf Twitter, Konzerne und ihre Algorithmen dürften nicht darüber entscheiden, "welcher Content auf ihren Plattformen erscheint". Allerdings gehöre es zum christlichen Menschenbild, "das geistige Eigentum anderer zu wahren", betonte der Vorsitzende der Publizistischen Kommission der Deutschen Bischofskonferenz.
Stichwort EU-#Urheberrechtsreform: Zum christlichen Menschenbild gehört es, das geistige Eigentum anderer zu wahren. Gleichzeitig dürfen Konzerne und deren Algorithmen nicht darüber entscheiden, welcher Content auf ihren Plattformen erscheint. #uploadfilter sind keine Lösung!
— Bischof Gebhard Fürst (@BischofGebhard) 22. März 2019
Das Europaparlament stimmt am Dienstag in Straßburg über die umstrittene Reform ab. Nach dem Willen ihrer Befürworter soll sie das Urheberrecht fit für das Internet machen. Gegner befürchten vor allem durch Artikel 13 eine Einschränkung der Netzkultur. Ebenfalls in der Kritik steht Artikel 11, der ein Leistungsschutzrecht für Verleger einführen würde.
Der Vizepräsident der EU-Kommission, Frans Timmermans, verteidigte die geplante Novelle. Es sei "doch nicht gerecht", wenn nur der US-Internetkonzern Google mit geistigem Eigentum Gewinne mache, sagte Timmermans den Zeitungen der Funke Mediengruppe (Samstag). "Daher versuchen wir, das über europäische Gesetzgebung zu regeln. Wir müssen Künstlerinnen und Künstler schützen."