Franziskus: Pandemie ist Chance zur Umkehr

"Zeit der Unsicherheit, des Erfindens, der Kreativität"

Die weltweite Corona-Pandemie birgt nach Aussage von Papst Franziskus die Chance, sich stärker um Menschen und Umwelt zu kümmern und sich so für die Zukunft zu rüsten. Das sagte er in Interviews mit einem englischen und einem US-Magazin.

"Urbi et orbi" des Papstes / © Yara Nardi/REUTERS/AP (dpa)
"Urbi et orbi" des Papstes / © Yara Nardi/REUTERS/AP ( dpa )

"Wir haben jetzt die Gelegenheit, Produktion und Konsum zu verlangsamen" und die natürliche Welt besser zu verstehen und zu bedenken, sagte er den Zeitschriften "The Tablet" und "Commonweal" (Mittwoch). Gleichzeitig bestehe die große Gefahr, die Opfer dieser Krise schnell zu vergessen und in altes Denken und Handeln zurück zu verfallen.

"Wenn wir nicht damit beginnen, wird es keine Bekehrung geben"

Die aktuelle Pandemie sei "nicht die erste Seuche der Menschheit", so das Kirchenoberhaupt; "aber die früheren sind zu bloßen Anekdoten geworden". Sie sei die "Zeit, entscheidende Schritte zu unternehmen fort von einem bloßen Gebrauch und Missbrauch der Umwelt" und diese wieder stärker zu bedenken und zu würdigen. Die Menschheit habe ihre "kontemplative Dimension verloren".

Dazu gehöre auch eine unmittelbare Zuwendung zu anderen Menschen. Es gelte, sich aus der "hypervirtuellen, körperlosen Welt dem leidenden Fleisch der Armen" zuzuwenden. "Wenn wir nicht damit beginnen, wird es keine Bekehrung geben", warnte der Papst. In dem Zusammenhang erinnerte er an die vielen Ärzte, Pflegerinnen und Ordensfrauen, die im Einsatz für die Opfer der Pandemie gestorben sind.

Eine Zeit der Unsicherheit, des Erfindens, der Kreativität

Auf die Frage, wie er selbst diese Wochen der Krise erlebt, antwortete Franziskus, er bete sehr viel. Und er versuche, an andere Menschen zu denken. "Das beruhigt mich, tut mir gut und befreit mich von der Sorge um mich selbst", so der Papst. Darüber hinaus bewege ihn die Frage: "Was wird mein Dienst als Bischof von Rom, als Oberhaupt der Kirche, in Zeit danach sein?" Seine größte Sorge sei es, den Menschen irgendwie nahe zu sein.

Insgesamt erlebe er "eine Zeit großer Unsicherheit. Es ist eine Zeit des Erfindens, der Kreativität", so Franziskus. Erfindungsreichtum und Kreativität seien jetzt aber von der ganzen Kirche gefragt; ob in den Kirchengemeinden oder in der häuslichen Isolation. Dabei dürfe die Kirche sich weder als Institution aufgeben noch darin starr ihr Heil suchen. Es sei Gottes Geist, der die Kirche als Institution forme.

Das schriftlich geführte Interview mit der englischen katholischen Zeitschrift "The Tablet" und dem US-Magazin "Commonweal" ist Franziskus' erstes Interview mit einer englischsprachigen Publikation. Bisher hatte er dies nur einmal mit der Nachrichtenagentur Reuters getan.


Quelle:
KNA