Die Zeitung "La Croix" attestiert Frankreichs Katholiken eine wachsende Skepsis gegenüber dem europäischen Projekt. 42 Prozent der Katholiken planten, die rechtsextremen bzw. rechtspopulistischen Parteien RN (Rassemblement National) oder Reconquete! zu wählen, berichtet das Blatt (online Dienstagabend) unter Berufung auf einen Wissenschaftler des Politikforschungszentrums Cevipof-Sciences Po.
Nur 19 Prozent wollen demnach für die Kandidatin der regierenden Präsidentenpartei RE (Renaissance) stimmen, 9 Prozent für den Mitte-Rechts-Kandidaten der LR (Les Republicains) und 24 Prozent für linke Listen. Ein solches Ergebnis würde eine deutliche Rechtstendenz im Vergleich zu den Europawahlen 2019 verstetigen.
Praktizierende Katholiken gehen zur Wahl
Laut einer damaligen Umfrage am Tag nach den Wahlen 2019 hatten praktizierende Katholiken zu 78 Prozent ihre Stimme abgegeben, was fast 30 Punkte über dem nationalen Durchschnitt aller Franzosen lag.
37 Prozent der praktizierenden Katholiken hatten demnach für die Spitzenkandidatin der Präsidentenpartei gestimmt, verglichen mit 22,4 Prozent aller Franzosen. Unter den Praktizierenden erreichte LR 22 Prozent (im Vergleich zu 8,5 Prozent auf nationaler Ebene) und der RN 14 Prozent (23 Prozent für alle Franzosen).
Klarer Generationenunterschied
Das Verhältnis der Katholiken zu Europa weist laut der Zeitung einen deutlichen Generationenunterschied auf. Die Jüngeren seien weniger vom Zweiten Weltkrieg und der Entstehung des Aufbaus Europa geprägt, analysiert Sebastien Maillard von der Denkfabrik Institut Jacques Delors. Für die Großeltern-Generation hingegen bleibe es ein Projekt der Versöhnung der Völker, insbesondere der Franzosen und Deutschen.
Auch der frühere Präsident der französischen Sozialwochen (Semaines Sociales de France, SSF) und hochrangige Beamte der EU-Kommission, Jerome Vignon, sieht "eine mangelnde Weitergabe der Gründe, Europäer zu sein, zwischen den Generationen", zitiert "La Croix".