"Es geht nicht darum, den Zeiten hinterherzutrauern, in denen die Bischöfe Segen (oder Verurteilungen) erteilten", kommentiert die Sonntagsausgabe der italienischen Zeitung "Corriere della Sera". "Aber eine Kirche, die sich schwertut, zu den Menschen und politischen Akteuren zu sprechen, trägt zu einem Defizit des Dialogs, des Zusammenlebens, einer verantwortlichen Bewertung der Probleme und möglicher Lösungen bei".
Kirche solle sich hinterfragen
Die Resonanz von Papst Franziskus in den Medien sei "umgekehrt proportional zur Durchsetzungskraft auf den institutionellen und pastoralen Ebenen, der Wirkung auf das Engagement der Bischöfe, Pfarrer und Gläubigen", beklagt der Kommentator. Das Ergebnis sei "eine Entkopplung zwischen Lehramt und individuellem sowie politisch-sozialem Verhalten".
Die katholische Kirche in Italien müsse sich der "praktischen Irrelevanz" ihrer Positionierungen und traditionellen Haltungen bewusst werden, so das Blatt. Sie müsse sich "in Rom und in den Bistümern mutig befragen, ohne sich hinter Glaubenssätzen (...) zu verstecken im Stil von 'Es ist der Heilige Geist, auf den es ankommt und der wirkt'"; und sie müsse neu prüfen, "welchen praktischen Beitrag Christen heute zur Demokratie leisten können".
Erproben neuer Formen
Dazu gehöre auch das Erdenken und Erproben neuer Formen. An einem verantwortlichen Engagement bemesse sich, ob der Glaube authentisch sei oder konventionell und traditionell. "Die Minderheitensituation, in der sich die Kirche schon befindet, und die schwindenden Privilegien bieten Italiens Katholiken die einmalige Chance, kreativ zu sein und sich als Bürger wie auch als Gläubige neu zu erfinden", so der "Corriere".