Der Vatikan soll laut der Tageszeitung "El Pais" schon seit 1943 Hinweise auf sexuelle Übergriffe des Gründers der Legionäre Christi, des Priesters Marcial Maciel (1920-2008), gegenüber Minderjährigen gehabt haben. Das spanische Blatt bezieht sich dafür auf eine Aussage des Präfekten der vatikanischen Ordenskongregation, Kardinal Joao Braz de Aviz, bei einem Podiumsgespräch Mitte November in Madrid.
Die Pressestelle der Legionäre Christi in Düsseldorf teilte auf Anfrage am Mittwoch mit, die historische Entwicklung der Verdachtsmomente sei für den Orden selbst "schwierig nachzuverfolgen"; der Vatikan habe die betreffenden Akten nicht zur Einsicht freigegeben, so der Sprecher der Ordensprovinz West- und Mitteleuropa, Karl-Olaf Bergmann.
Eine große Lüge
Innerhalb der Legionäre sei man sich jedoch "früh bewusst geworden, dass die Geschichte, wie der Gründer sie darlegte, völlig falsch war", sagte Bergmann. So habe es bereits in den 1960er-Jahren vatikanische Ermittlungen gegeben. Dass diese ohne Ergebnis blieben, habe Maciel "als Steilvorlage missbraucht", um die Beschuldigungen als haltlos hinzustellen. Heute wisse man "mit Sicherheit", dass der Ordensgründer "die Wahrheit mit Füßen getreten" habe.
Inzwischen äußerten sich Personen aus dem direkten Umfeld Maciels freier, so der Sprecher weiter. Das ermögliche, "die Vergangenheit besser auszuleuchten". Der Orden verzichte dabei auf eine aktive Prüfung des Wahrheitsgehalts solcher Zeugenaussagen. "Das steht uns nicht zu", sagte Bergmann. Die Aufarbeitung sei für die Legionäre wichtig, um für die Zukunft "stabil aufgestellt zu sein".
Der Priester Marcial Maciel hatte die Legionäre Christi 1941 in Mexiko-Stadt gegründet. Seit 1997 wurde ihm öffentlich vorgeworfen, junge Seminaristen missbraucht zu haben. 2006 verpflichtete der Vatikan Maciel zu einem zurückgezogenen Leben in Gebet und Buße. Papst Benedikt XVI. ordnete eine vatikanische Untersuchung an, die ein Doppelleben Maciels und sexuelle Vergehen aufdeckte. Der Orden distanzierte sich von seinem Gründer.