Der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Heinrich Bedford-Strohm, schrieb in einem Grußwort am Mittwoch: "Wir brauchen eine starke öffentliche Sichtbarkeit des Judentums in Deutschland auch auf den Ebenen akademischer Theologie." Eine öffentliche Theologie des Judentums verspreche einen "wichtigen und unverzichtbaren Beitrag" zum gesellschaftlichen Leben in Deutschland.
Der EKD-Ratsvorsitzende zeigte sich überzeugt, dass "die Theologie des Judentums wichtige Beiträge zu unseren gesellschaftlichen Debatten liefern wird, sei es in Fragen der Bioethik, der Friedensethik oder der Ethik eines guten Lebens, das die Zerstörung der außermenschlichen Natur überwindet".
Hollerich: Netzwerk "weit über die EU hinaus"
Der Präsident der katholischen EU-Bischofskommission COMECE, Kardinal Jean-Claude Hollerich, erklärte in seinem schriftlichen Grußwort, das Zentrum sei weit über die EU hinaus vernetzt und ein "zentraler Ort in Europa für die geistige Renaissance jüdischen Lebens nach der Schoa". Weiter schrieb der Erzbischof von Luxemburg: "In unserer pluralistischen Gesellschaft brauchen künftige Geistliche die Begegnung mit den anderen Religionen." Das Abraham Geiger Kolleg und die School of Jewish Theology hätten sich zu einem "herausragenden Platz als Ort des Gesprächs mit anderen Religionen und mit den Geisteswissenschaften" entwickelt, aber auch für den Austausch mit der säkularen Welt.
Der Antisemitismusbeauftragte der Bundesregierung, Felix Klein, bezeichnete im Interview der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA) das Zentrum als eine neue "wesentliche Säule" der deutschen Bildungslandschaft: "Mit dem Einzug des Instituts für Jüdische Theologie und der beiden Rabbinerseminare unter ein gemeinsames Dach werden hervorragende Bedingungen für die akademische und praktische Ausbildung geschaffen." Er freue sich auf die gesellschaftlichen Impulse, "die vom neuen Zentrum ausgehen werden und das jüdische Leben in Deutschland weiter bereichern und stärken werden".
Campus mit Universitätssynagoge
Das am Mittwochnachmittag eröffnete Europäische Zentrum für Jüdische Gelehrsamkeit befindet sich auf dem Campus Am Neuen Palais im Park Sanssouci. Es umfasst die School of Jewish Theology an der Universität Potsdam sowie die Rabbinerseminare Abraham Geiger Kolleg und Zacharias Frankel College. Eingeschrieben sind derzeit rund 80 Studierende; von ihnen streben 31 ein Rabbinat oder ein Kantorat an. Integriert in den neuen Standort ist auch eine Universitätssynagoge, der erste Neubau eines jüdischen Gotteshauses in Potsdam nach dem Holocaust. Die Kosten des Projekts liegen laut Universität bei rund 13,5 Millionen Euro.