Zentralrat der Ex-Muslime besteht seit zehn Jahren

Gegen Kopftücher und Islamverbände

​Sie flüchtete aus dem Iran und war verblüfft über den politischen Einfluss der Islamverbände in Deutschland: Vor zehn Jahren gründete Mina Ahadi den Zentralrat der Ex-Muslime, eine Organisation von Menschen, die dem Islam abgeschworen haben.

Autor/in:
Melanie Zakri
Zentralrat der Ex-Muslime positioniert sich gegen politischen Islam / © Frank Rumpenhorst (dpa)
Zentralrat der Ex-Muslime positioniert sich gegen politischen Islam / © Frank Rumpenhorst ( dpa )

Sie sind gegen den Einfluss von Islamverbänden, gegen Kopftücher am Arbeitsplatz und für ein Burka-Verbot: Die Mitglieder des Zentralrats der Ex-Muslime positionieren sich seit gut zehn Jahren gegen den politischen Islam. Gegründet haben sie den Verein im Januar 2007. Zum Teil haben sie schon vor Jahrzehnten in ihren Heimatländern für eine klare Trennung von Religion und Staat gekämpft.

So wie die Vorsitzende Mina Ahadi, die als Studentin im Iran gegen den Schah protestierte und nach Deutschland floh. Ihr Mann wurde später vom islamischen Regime in ihrem Heimatland hingerichtet. "Wir haben im Iran eine islamische Regierung gesehen, die sehr brutal war. Wir haben dort auch Kopftuchzwang erlebt, und jetzt sehen wir, dass in Deutschland Islamverbände politisch eine Rolle spielen." Dem wollte sie gemeinsam mit Gleichgesinnten etwas entgegensetzen und gründete den "Zentralrat der Ex-Muslime".

"Wir haben abgeschworen"

Mit einer Kampagne unter dem Titel "Wir haben abgeschworen" outeten sich vor zehn Jahren über 30 Mitglieder mit Namen und Foto als Ex-Muslime. "Das Wort Ex-Muslim war vorher überhaupt nicht bekannt", sagt Ahadi. "Aber wenn Sie es jetzt bei Google eingeben, kommen Millionen Treffer. Das ist ein Erfolg von uns." Das Wort "Ex-Muslim" verkörpert zugleich das Hauptanliegen des Verbandes: Menschen, die in eine muslimische Familie geboren werden, müssten sagen dürfen: Ich bin nicht mehr Muslim, sagt Ahadi. "Das sollte nicht mit der Todesstrafe bestraft werden."

Gerade das drohe aber ehemaligen Muslimen in einigen islamischen Ländern, bestätigt Friedmann Eißler von der Evangelischen Zentralstelle für Weltanschauungsfragen. "In der gesamten Tradition der islamischen Theologie ist der Abfall vom islamischen Glauben überhaupt nicht möglich", sagt der wissenschaftliche Referent.

Viele Mitglieder werden bedroht

Obwohl ehemalige Muslime in Deutschland keine Strafe fürchten müssen, werden viele der Mitglieder des Zentralrats bedroht. "Einige Mitglieder haben Angst vor der eigenen Familie oder vor Islamisten", sagt Ahadi. 70 bis 80 Prozent blieben deshalb anonym. Ahadi selbst erhält Hassmails und Morddrohungen. "Ich bin eine Frau, die offen über alles redet, und das sehr laut. Das ist schon gefährlich." Die Feier zum zehnjährigen Bestehen des Zentralrats am Freitag in Köln findet deshalb unter hohen Sicherheitsvorkehrungen statt.

In Deutschland zählt der Zentralrat der Ex-Muslime etwa 800 Mitglieder. Nach Einschätzung von Friedmann Eißler ist sein Einfluss damit begrenzt. Gleichzeitig erfülle die säkulare Organisation aber eine gesellschaftliche Funktion: "Es ist wichtig, dass als Ausdruck der Religionsfreiheit in Deutschland auch die negative Religionsfreiheit zum Ausdruck kommen kann. Religionsfreiheit heißt auch die Möglichkeit, von Religion frei zu sein."

Forderung nach Burka-Verbot

Zur Trennung von Religion und Staat gehören für den Zentralrat der Ex-Muslime auch ein Burka-Verbot und das Verbot, ein Kopftuch, Kreuz oder sonstige religiöse Symbole am Arbeitsplatz zu tragen. Mit Islamophobie habe das nichts zu tun, sagt Ahadi. "Wir sind per se gegen eine Einmischung von allen Religionen, aber besonders der Islam ist problematisch, weil es eine politische Bewegung ist."

Im Fokus ihrer Kritik stehen deshalb die deutschen Islamverbände: "Wenn die deutsche Regierung mit Vertretern von islamischen Verbänden spricht und diese Organisationen als Vertretung von Millionen Menschen anerkennt, dann ist das undemokratisch, reaktionär und falsch."

Dialog wünschenswert

Der Koordinationsrat der Muslime, der Dachverband von vier deutschen Islamverbänden, wollte sich zu diesen Vorwürfen auf Anfrage nicht äußern. Auch zum Zentralrat der Ex-Muslime selbst wolle man keine Stellung nehmen.

Dabei wäre ein Dialog zwischen den beiden Organisationen nach Ansicht von Friedmann Eißler wünschenswert. "Die Anliegen des Zentralrats der Ex-Muslime sind wichtig. Man muss aufrütteln und die problematischen Aspekte des politischen Islam thematisieren." Gleichzeitig hält der Experte die grundsätzliche Religionskritik des Zentralrats für problematisch. "Er macht kein Dialogangebot. Das ist nicht wirklich konstruktiv, sondern bewusst gesetzte Provokation", sagt Eißler.


Mina Ahadi, Vorsitzende des Zentralrats der Ex-Muslime / © Andreas Schoelzel (epd)
Mina Ahadi, Vorsitzende des Zentralrats der Ex-Muslime / © Andreas Schoelzel ( epd )
Quelle:
epd
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