Zentralratspräsident Schuster kritisiert "documenta" scharf

"Meine kühnsten Albträume übertroffen"

Der Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland richtet wegen antisemitischer Kunstwerke auf der "documenta fifteen" schwere Vorwürfe gegen Politikerinnen und Politiker. Seine schlimmsten Befürchtungen seien wahr geworden.

Josef Schuster / © Harald Oppitz (KNA)
Josef Schuster / © Harald Oppitz ( KNA )

Entgegen einer Zusicherung von Kulturstaatsministerin Claudia Roth (Grüne) in einem Gespräch im Mai seien bei der Kasseler Kunstausstellung eindeutig antisemitische Bilder aufgetaucht. "Das hat meine kühnsten Albträume übertroffen", sagte Schuster dem "RedaktionsNetzwerk Deutschland" (Donnerstag). Vielleicht sei Roth "zu blauäugig" gewesen und "hintergangen worden".

Claudia Roth (dpa)
Claudia Roth / ( dpa )

Allerdings hätten auch die hessische Kunstministerin Angela Dorn (Grüne) und Kassels Oberbürgermeister Christian Geselle (SPD) die Warnungen zunächst entweder "abgetan" oder "überhaupt nichts verstanden" und der Stadt damit "letztlich einen Bärendienst erwiesen".

Experte eingeschaltet

Die diesjährige documenta wird seit der Vorbereitungsphase von Antisemitismus-Vorwürfen überschattet. Kurz nach Eröffnung der Ausstellung Mitte Juni wurde das Banner "People's Justice" des indonesischen Künstlerkollektivs Taring Padi wegen antisemitischer Motive abgehängt.

Kassel: Blick auf die verhüllte Figurendarstellung People’s Justice (2002) des Kollektivs Taring Padi / © Swen Pförtner (dpa)
Kassel: Blick auf die verhüllte Figurendarstellung People’s Justice (2002) des Kollektivs Taring Padi / © Swen Pförtner ( dpa )

Später wurden Zeichnungen des syrischen Künstlers Burhan Karkoutly mit antisemitischer Bildsprache bekannt. Die Generaldirektorin der Kunstschau, Sabine Schormann, wurde abberufen und ein Expertenrat eingesetzt.

Bild wieder ausgestellt

Schuster sagte: "Wir haben bereits im Frühjahr im Hinblick auf das Künstlerkollektiv Ruangrupa, das die documenta kuratiert, die Sorge geäußert, dass es zu Israel-bezogenem Antisemitismus kommen könnte." Was ihn am meisten erschrecke und erschüttere, sei, dass Bilder nun wieder ausgestellt würden mit der Begründung, sie seien juristisch nicht angreifbar. "Denn es hat doch kein Mensch gesagt, dass dieser Antisemitismus strafrechtlich relevant ist. Aber Antisemitismus beginnt eben deutlich unter dieser Grenze", sagte der Zentralratspräsident. 

Antisemitismusbeauftragter warnt documenta vor "Hintertüren"

Nach dem Fund weiterer als antisemitisch kritisierter Bilder auf der documenta warnt der hessische Antisemitismusbeauftragte Uwe Becker die Verantwortlichen der Kunstausstellung davor, "Hintertüren für Antisemitismus" offenzulassen. "Erklärungen oder Formen der Einordnung sind falsche Mittel im Umgang mit Judenhass", sagte Becker am 29. Juli in Wiesbaden.

Am 28. Juli hatten die Gesellschafter der documenta - die Stadt Kassel und das Land Hessen - gefordert, die diskutierten Zeichnungen lediglich "bis zu einer angemessenen Kontextualisierung" aus der Ausstellung zu nehmen.

Broschüre "Presence des Femmes" auf der documenta / © Uwe Zucchi (dpa)
Broschüre "Presence des Femmes" auf der documenta / © Uwe Zucchi ( dpa )

 

 

Quelle:
epd
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