Acht Stunden lang habe Vatikan-Staatsanwalt Alessandro Diddi mit ihm gesprochen, sagte Pietro Orlandi, Bruder der verschwundenen Vatikan-Bürgerin Emanuela Orlandi, am Dienstagabend vor Journalisten. Er habe mit Diddi über die Inhalte eigener Dokumente gesprochen und ihm die Namen von Personen – auch von Kardinälen – genannt, die in dem Fall etwas wissen könnten und vernommen werden sollten.
Ohne Rücksicht
"Ich bin auf große Bereitschaft gestoßen, die Dinge zu klären", so Orlandi. Der Staatsanwalt habe ihm gesagt, er habe den Auftrag von Papst Franziskus, in alle Richtungen zu ermitteln und auf niemanden Rücksicht zu nehmen. Orlandis Anwältin Laura Sgro erklärte, Diddi habe ihren Mandanten als Zeugen befragt.
Druck auf Justiz gestiegen
Der im September ernannte Vatikan-Staatsanwalt hatte im Januar ein neues Ermittlungsverfahren im Fall Orlandi eröffnet. Zuvor war, auch unter dem Eindruck der Netflix-Serie "Vatican Girl", der öffentliche Druck auf die italienische und die vatikanische Justiz gewachsen, die Hintergründe des mysteriösen Falls erneut zu untersuchen.
Die 16-jährige Orlandi, Tochter eines Vatikan-Angestellten, war im Juni 1983 spurlos verschwunden. Die italienische Staatsanwaltschafthat bereits mehrere Male ermittelt und das Verfahren zuletzt im Oktober 2015 ergebnislos eingestellt. Der Bruder der Verschwundenen drängt jedoch weiter auf Aufklärung.