Delta-Variante trübt Aussicht auf Jerusalem-Besucher

Zuletzt täglich mehr als 2.000 Corona-Neuinfektionen

Vom Vorbild zum Sorgenkind: Nachdem Israels Impfpolitik weltweit führend war, steigen mit der Delta Variante die Fallzahlen wieder. Das öffentliche Leben wird erneut eingeschränkt - auch der so wichtige Tourismus.

Touristen in Jerusalem (Archiv) / © Kyrylo Glivin (shutterstock)
Touristen in Jerusalem (Archiv) / © Kyrylo Glivin ( shutterstock )

Angesichts der Delta-Variante mit zuletzt täglich mehr als 2.000 Neuinfektionen will Israel seine Corona-Bestimmungen erneut verschärfen. Die Beschränkungen für Veranstaltungen und Feiern sollen wieder eingeführt werden; Besucher von Restaurants und Touristenattraktionen müssen einen Impfausweis vorlegen.

Und Ministerpräsident Naftali Bennett verschärft den Ton gegenüber Impfverweigerern: "Alle Israelis, die sich impfen lassen können, müssen sich impfen lassen."

Corona-Tests demnächst kostenpflichtig

Für Nicht-Geimpfte sind Corona-Tests demnächst kostenpflichtig. Nach Indien, Russland und Südafrika sollen auch die Türkei und Griechenland auf die Rote Liste für israelische Touristen kommen. Einer Umfrage zufolge will die Mehrheit der Bevölkerung den Flughafen Ben-Gurion sogar komplett geschlossen sehen.

Unterdessen boomt der Binnentourismus. Am See Genezareth müssen mitunter Strände wegen Überfüllung geschlossen werden. Auch die christlichen Gästehäuser am Nordufer des Galiläischen Meeres profitieren von der Entwicklung; denn ausländische Besucher und Pilger fehlen im Land weiter fast komplett.

Zwar können einzelne Besuchergruppen wieder einreisen. Aber in Jerusalem sind katholische Pilger aus Europa oder den USA weiterhin eine solche Sensation, dass sie der Lateinische Patriarch Pierbattista Pizzaballa meist persönlich begrüßt. Für Einzelreisende gilt eine Einreisesperre.

Besucherzeiten stark eingeschränkt

Folglich sind in der Jerusalemer Grabeskirche die einheimischen Christen unter sich, an den Wochenenden zusammen mit israelischen Besuchern. Zudem kommen an ihren freien Tagen viele der ausländischen Christen - Philippiner, Inder, Srilanker - die als Hausangestellte, Krankenpfleger oder Altenbetreuer nicht unwesentlich Israels Sozialsystem stützen.

Die Grabeskirche ist weiterhin geöffnet. Für die übrigen christlichen Stätten in Jerusalem sind die Besucherzeiten stark eingeschränkt. Wie ein Symbol wirken dabei die Gitter vor dem "Christian Information Center", der direkt am Jaffa-Tor der Altstadt gelegenen Anlaufstelle nicht nur für christliche Pilger. Ordensleute können hier weiter Bücher bestellen, die dann durch ein Gitter hinausgereicht werden.

Zunächst, nach Ausbruch der Corona-Krise, empfanden die Menschen und auch die Christen in Jerusalem es als ein bisschen erholsam und entspannend, dass die Stadt  ihnen mal allein gehört, wie ein Ordensmann erzählt. Aber zugleich war da die Sorge um die vielen Personen und Einrichtungen, die vom Tourismus und auch von den Pilgern leben. Und um das geistliche Leben an den christlichen Ursprungsstätten. Diese Sorge wurde immer drängender, je länger die Pandemie andauert.

Dritte Impfung im Gespräch

Israel hatte im Kampf gegen Corona von Anfang an eine Vorreiterrolle, mit seinen Kontrollen und Nachverfolgungen, der Impfpolitik und Forschungsarbeit. Derzeit wird in einem Tel Aviver Hospital eine Schluckimpfung gegen Covid-19 getestet.

Die Einführung einer dritten Impfung ist im Gespräch; zumal einige Experten soeben den Wirkungsgrad des Biontech-Pfizer-Impfstoffs mit nur noch 40 Prozent bezifferten. Andere Fachleute sprachen allerdings von einer Verzerrung aufgrund einer einseitigen Auswahl von Tests und Probanden. Dennoch will Israel künftig verstärkt den Moderna-Impfstoff einsetzen.

Die Christen in der Heiligen Stadt hoffen, wie auch die Tourismusbranche, weiter auf eine Öffnung der Grenzen und auf eine Rückkehr von Pilgern und Besuchern im Herbst; ab Mitte September, vor allem aber für den Oktober.

Dormitio-Abtei der Benediktiner schließt

Ein Ziel gerade für deutschsprachige Pilger wird demnächst jedoch nur noch eingeschränkt erreichbar sein: Die Dormitio-Abtei der Benediktiner auf dem Zions Berg wird geschlossen und nach 100 Jahren grundsaniert. Die vorerst letzte Messe in der Kirche ist für 15. August geplant, das Patronatsfest Mariä Himmelfahrt. Zum Abschluss der Messe ziehen die Mönche stets in Prozession in die Krypta unter der Kirche, wo traditionell an den Heimgang Mariens erinnert wird. Die Prozession ist  diesmal zugleich ein Umzug und ein Auszug für eine längere Bauphase.

Von Johannes Schidelko 


Quelle:
KNA
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