Mit Sonne ist Norddeutschland nicht verwöhnt, dafür weht meist ein rauer Wind. Für die Katholiken des Erzbistums Hamburg gilt das in diesen Zeiten ganz besonders. 25 Jahre nach der Neugründung der Diözese zwingen knappe Kassen die Mitglieder aus Hamburg, Schleswig-Holstein und Mecklenburg, in vielen Bereichen kürzer zu treten. Die Freude beim bevorstehenden Jubiläum an diesem Dienstag wird getrübt von angekündigten Sparmaßnahmen.
Rein historisch betrachtet sind die Katholiken in Deutschlands Norden Veränderungen gewohnt, war das Erzbistum Hamburg doch zeitweise schon einmal ganz von der Bildfläche verschwunden. Erstmals im 9. Jahrhundert gegründet, gehörte es damals zu den ältesten Diözesen in Deutschland. 834 wurde der Benediktinermönch Ansgar zum Bischof geweiht. Der Missionar des Nordens gilt als Gründervater des Erzbistums Hamburg. Nach der Reformation wurde die Diözese mit dem Westfälischen Frieden 1648 vorerst aufgelöst. Deutschlands Norden war ganz in protestantischer Hand.
Deutschlands jüngste katholische Diözese
Im 20. Jahrhundert gab es immer wieder Überlegungen, in Hamburg eine neue Ortskirche zu errichten - besonders nach dem Zweiten Weltkrieg, als viele katholische Heimatvertriebene in den protestantischen Norden kamen. Norddeutschland gehörte inzwischen überwiegend zum Bistum Osnabrück. Nach der deutschen Wiedervereinigung ergab sich schließlich eine gute Gelegenheit. Am 7. Januar 1995 wurde das Erzbistum Hamburg auf Initiative des Vatikan neu gegründet.
Deutschlands jüngste katholische Diözese war geboren. Mit über 32.000 Quadratkilometern - ein Gebiet größer als Belgien - ist sie auch die bundesweit größte. In ihr leben aber nur knapp 400.000 Katholiken, die mit einem Anteil von weniger als 7 Prozent an der Bevölkerung eine Minderheit bilden.
Gebiete Ost- und Westdeutschlands
In keiner anderen Diözese wurden so große Gebiete Ost- und Westdeutschlands zusammengeführt. Die unterschiedliche Prägung ist bis heute spürbar. Welten liegen aber auch zwischen der Metropole Hamburg und den ländlichen Gebieten in Schleswig-Holstein und Mecklenburg. Auf dem platten Land etwa an der Nordseeküste oder in der mecklenburgischen Seenplatte gibt es seit jeher riesige Flächengemeinden mit weiten Wegen zum Gottesdienst. In der Hansestadt dagegen ist das katholische Leben dicht und bunt. Der Anteil fremdsprachiger Katholiken ist dort mit 27,6 Prozent am größten.
Insgesamt sind im Erzbistum Hamburg rekordverdächtige 171 Nationen vertreten. Die größte ausländische Gruppe stellen die Polen vor Portugiesen und Italienern.
Aufgrund der Zuwanderung verzeichnete das Erzbistum jahrelang wachsende Mitgliederzahlen. Inzwischen spüren jedoch auch die norddeutschen Katholiken die Auswirkungen des Missbrauchsskandals.
Seit 2017 nimmt ihre Zahl ab. Eine Herausforderung für Erzbischof Stefan Heße. Der frühere Kölner Generalvikar steht seit 2015 an der Spitze des Nordbistums. Nach Ludwig Averkamp (1927-2013) und Werner Thissen ist er der dritte Oberhirte der neugegründeten Diözese. Er versucht, seine Ortskirche neu aufzustellen. "Wir können auch mit weniger Geld eine lebendige Kirche sein", lautet sein Credo.
Denn sinkende Mitgliederzahlen bedeuten auch geringere Einnahmen aus Kirchensteuern.
Schwere Finanzlage
Die Unternehmensberatung Ernst & Young bescheinigte dem Erzbistum Ende 2017 eine bilanzielle Überschuldung von rund 80 Millionen Euro. Ohne Gegenmaßnahmen könne diese bis 2021 auf 353 Millionen Euro ansteigen, hieß es damals. Heße und sein Generalvikar Ansgar Thim reagierten, indem sie Anfang 2018 überraschend die Schließung von mehreren katholischen Schulen in Hamburg ankündigten. Das rief viele Proteste hervor. Ein 2016 gestarteter Erneuerungsprozess ergab, dass weitere schmerzhafte Sparmaßnahmen nötig sind, etwa bei den Immobilien und Bildungshäusern.
Da tut es gut, sich an den Gründervater Ansgar zu erinnern, der als Missionar ebenfalls gegen viele Stürme der Zeit zu kämpfen hatte. Das Jubiläum kann eine Gelegenheit dazu bieten. Gefeiert wird am Dienstag mit einem Gottesdienst im Mariendom. Prediger und Zelebrant ist in alter Verbundenheit der Bischof des Mutterbistums Osnabrück, Franz-Josef Bode.