Die letzten Bilder eines international beachteten Staatsbesuchs im Vatikan lieferten Donald Trump und seine Familie: Wenige Tage, bevor er den weltweiten Klimakonsens aufkündigte, wurde der US-Präsident zum ersten Mal von Papst Franziskus empfangen. Die Mahnungen des ökologisch engagierten Kirchenoberhauptes und sein Hinweis auf seine Umweltenzyklika "Laudato si" verfingen nicht: Trump kündigte den Ausstieg der USA aus den Klimavereinbarungen von Paris an. Seither ist in der weltweiten Diplomatie vieles in Bewegung.
Im Vorfeld des G20-Treffens in Hamburg, das am 7. Juli beginnt, zeigt der Schritt des mächtigsten Landes der Welt bereits Wirkung. Laut einem Bericht des Magazins "Der Spiegel" sind mit Kanada, Großbritannien und Japan bereits drei wichtige Länder nicht zu einer eine Konfrontation "19 gegen 1" bereit. Zu eng sind ihre wirtschaftlichen oder sicherheitspolitischen Interessen mit denen der USA verknüpft, das Ende der kurzen Ära einer moralgetriebenen weltweiten Konsenspolitik scheint nahe.
Mal wieder Merkel
Vor diesem Hintergrund reist Merkel abermals zum Papst, um sich von ihm als moralischer Autorität vor dem G20-Treffen gewissermaßen den Segen zu holen. In Berlin wird bereits spekuliert, Franziskus werde der Kanzlerin eine wichtige Botschaft mit auf den Weg geben - im Klimastreit, zur Flüchtlingskrise, oder gar zu beidem. Genährt werden die Spekulationen durch die Ankündigung, dass kurz nach dem Papstbesuch eine ungewöhnliche Begegnung der Kanzlerin mit den Vatikan-Botschaftern der G20-Staaten geplant ist.
Unabhängig von der Inszenierung dürfte der Eindruck der römischen Bilder und Worte auf die Abweichler von der "Achse der Gutmeinenden" begrenzt bleiben. Dem Papst ist es bislang nicht einmal gelungen, seine eigenen Gläubigen in den USA auf Linie zu bringen: Ziemlich genau die Hälfte von ihnen hat Trump gewählt, in entscheidenden Bundesstaaten sogar mehr. Und von den amerikanischen Bischöfen stehen dem Papst viele skeptisch gegenüber, weil sie seine kirchliche Reformagenda für eine Verwässerung des katholischen Markenkerns halten.
Flüchtlinge und Afrika
In der Flüchtlingsfrage sieht es kaum besser aus. Hier stoßen Papst und Kanzlerin mit ihrem Eintreten für eine Willkommenskultur weder in den USA noch in den meisten Ländern Europas auf mehrheitliche Zustimmung. Bleibt noch Afrika. In dem rasant wachsenden Nachbarkontinent Europas ist die katholische Kirche einer der großen Player. Afrika zu wirtschaftlicher Entwicklung und politischer Stabilität zu verhelfen - das ist ein Ziel, auf das sich alle, von Trump und Putin bis hin zu Merkel und Franziskus einigen können. Und Afrika wird auch ein Thema beim G20-Gipfel sein.
Neben der großen Weltpolitik spielte im Vorfeld der Begegnung auch die deutsche Innenpolitik eine Rolle. Dass der Papst, anders als üblich, die Kanzlerin wenige Monate vor einer Bundestagswahl empfängt, wurde aufmerksam verzeichnet - zumal SPD-Kanzlerkandidat Martin Schulz derzeit keinen protokollarischen Rang hat, um vom katholischen Kirchenoberhaupt empfangen zu werden. Bei der Verleihung des Karlspreises im Mai vergangenen Jahres war das noch anders. Da konnte Schulz als EU-Parlamentspräsident im Vatikan eine der Lobesreden auf den Preisträger halten.