Ordensschwester über ihre Tätigkeit als Winzerin

"Zusammenspiel zwischen Mensch, Natur und Gott"

​Thekla Baumgart ist Deutschlands einzige Ordensschwester, die zugleich Winzerin ist - in den eigenen Weinbergen der Benediktinerinnenabtei Sankt Hildegard in Rüdesheim. Sie spricht darüber, welche Rolle der Glaube für den Weinbau spielt. 

Autor/in:
Denise Thomas
Benediktinerschwester Thekla Baumgart, Winzerin und Leiterin des Klosterweinguts der Abtei Sankt Hildegard / © Julia Steinbrecht (KNA)
Benediktinerschwester Thekla Baumgart, Winzerin und Leiterin des Klosterweinguts der Abtei Sankt Hildegard / © Julia Steinbrecht ( KNA )

KNA: Schwester Thekla, Sie sind Deutschlands einzige Ordensschwester die gleichzeitig auch Winzerin ist - ist das für Sie etwas Besonderes, auf das sie stolz sind?

Thekla Baumgart (Ordensschwester und Winzerin): Etwas besonderes ist das natürlich schon, weil man diese Kombination sonst nicht findet. Aber im Alltag ist es für mich eigentlich nichts besonderes, weil wir als Benediktiner von der Hände Arbeit leben. Und da guckt jedes Kloster natürlich, womit kann man Geld verdienen. Und im Rheingau bietet sich der Weinbau an.

KNA: Sie sind von Ihrer Äbtissin Anfang der 1990er-Jahre zur Winzertätigkeit und Leitung des Klosterweinguts berufen worden - wissen Sie warum? Hatten Sie beispielsweise eine entsprechende Vorbildung? 

Baumgart: Von meiner Ausbildung, die ich ins Kloster mitgebracht habe, bin ich eigentlich Gemeindereferentin. Das ist jetzt keine direkte Voraussetzung für den Winzerberuf. Aber es ist, wenn man ins Kloster kommt, so, dass jeder einem Arbeitsbereich zugewiesen wird.

Und ich war von Anfang in der Hausmeisterei und auch im Weingut tätig und anscheinend habe ich mich da nicht allzu dumm angestellt. Und mir hat es auch Freude gemacht, in der Natur zu arbeiten und so kam dann, als meine Vorgängerin Schwester Lioba mit über 70 Jahren in Rente gehen wollte, die Frage an mich, ob ich das Weingut nicht weiter führen wollte. Ich habe mich erst mit Händen und Füßen dagegen gewehrt, weil ich dachte, das kann ich nicht so. Aber unsere Äbtissin meinte, machen sie mal, das geht schon. Und dann habe ich eine Ausbildung zur Winzergesellin mit einer anderen Mitschwester gemacht. Und es hat sich eigentlich gezeigt, dass das funktionierte.

KNA: Das Kloster hat zusätzlich noch einen angestellten Winzermeister, mit dem Sie sich die Aufgaben teilen. Wie sieht da die Rollenverteilung aus? 

Baumgart: Mein Schwerpunkt liegt auf dem Bereich Vertrieb, Marketing, Kundenbetreuung - also alles, was im Hintergrund in einem Betrieb laufen muss. Sein Hauptschwerpunkt ist Weinan- und -ausbau, das heißt also die Arbeiten, die im Weinberg anfallen, und nachher die Kellerarbeiten. Da gibt es aber viele Überschneidungspunkte, wo ich dann auch im Weinberg draußen mit unterwegs bin - wenn die Handarbeiten zu machen sind zum Beispiel. In der Lese bin ich mit dabei, bei der Abfüllung arbeiten wir Hand in Hand. 

KNA: Sind Sie knapp 30 Jahre später glücklich mit der damaligen Entscheidung ihrer Äbtissin, Sie zur Leitung des Klosterweingutes zu berufen? 

Baumgart: Im Nachhinein, muss ich sagen ja, weil der Beruf einer Winzerin oder eines Winzers sehr vielseitig ist. Also sie haben mit der Natur zu tun, müssen sich im Grunde mit Biologie auskennen, ein Stück weit auch mit Chemie. Sie müssen praktisch sein, für die Handarbeiten die sie draußen machen müssen, mit Maschinen müssen sie umgehen können. Sie müssen mit Menschen umgehen können. Sie können kreativ sein, neue Ideen entwickeln, Etiketten entwickeln. Geht man auf irgendeine Veranstaltung, dann muss man da auch repräsentieren. Es ist ein sehr, sehr vielseitiger Beruf. Und ein Stück weit kommt mir das, glaube ich, entgegen. Besonders die Arbeiten in und an und mit der Natur machen mir Freude.

Das erdet einen. Man kann alles machen an Arbeit, was man gelernt hat in der Ausbildung, was der Rebe gut tut, dass sie gute Trauben bringt, aber dass sie wirklich wächst, dass der Regen zur rechten Zeit kommt, dass sie keinen Schaden nimmt durch Hagel und Unwetter - das liegt nicht in unserer Hand. Es ist immer ein Zusammenspiel zwischen dem, was man gelernt und an Erfahrung hat, und einem Quäntchen darüber hinaus, was gutes Gelingen schenkt. Und das ist für mich Gott, der da sozusagen mitwirkt.

KNA: Wie passen Weinanbau und Klosterleben zusammen? 

Baumgart: In dem wir als Ordensmitglieder von unserer Hände Arbeit leben sollen, passt das sehr gut zusammen. Das bedingt natürlich, dass man einen vernünftigen Umgang mit dem Thema Alkohol hat. Ich sehe das ein Stück als Schöpfungsauftrag: Schöpfung bewahren, damit umgehen und aus dem, was die Natur uns schenkt, etwas schöpferisch produzieren. Der Wein ist ja nicht etwas in sich Böses, sondern ist ein Geschenk Gottes an die Menschen.

Außerdem ist der Weinbau ein Teil dessen, von dem wir unseren Lebensunterhalt bestreiten. Es es dient nicht der Beschäftigungstherapie, sage ich jetzt mal ein bisschen salopp, und ist nicht nur ein Image, sondern ist wirklich ganz praktisch ein wichtiges Standbein. Und dadurch, dass wir wie viele hier in der Region auch Winzer sind, haben wir einen Zugang zu den Menschen, weil man ähnliche Problem und Sorgen hat sowie in gemeinsames Thema, über das man sich unterhalten kann. 

KNA: Welche Tradition hat der Weinbau im Kloster Eibingen? 

Baumgart: Für unser Kloster, wie es jetzt hier in Rüdesheim am Rhein steht, wurde der Grundstein erst 1900 gelegt. Geschichtlich reichen wir aber auf die Heilige Hildegard von Bingen zurück, die auch schon Weinbau betrieben hat. Aber unsere Tradition hier vor Ort ist eben knapp über 100 Jahre alt. Erst gab es einen Hektar Weinberg, den die Schwestern alleine bearbeitet haben, und im Laufe der Zeit ist unser Weingut auf sieben Hektar angewachsen. 

KNA: Glauben Sie, dass der Weinbau auch in Zukunft eine Rolle für das Kloster Eibingen spielen wird? 

Baumgart: Ich hoffe es. Wenn man einen Betrieb betreibt, muss man natürlich auch ganz knallhart die Zahlen anschauen und gucken, rechnet sich das oder rechnet sich das nicht. Wir würden keinen Weinbau betreiben, wenn wir ständig rote Zahlen schreiben würden.

Wobei wir im Moment ganz gut dastehen. Das ist also im Moment kein Thema, aber man kann den Weinbau nicht nur aus ideologischen, theologischen oder persönlichen Gründen weiterführen. Natürlich passt der Weinbau gut zum Kloster, dadurch, dass wir unseren eigenen Messwein nehmen können. Aber man muss ganz klar sagen: Es muss sich auch rechnen.


Quelle:
KNA