DOMRADIO.DE: Aufgrund ihrer bewegten Geschichte und ihres starken Glaubens gilt die Heilige Barbara als Schutzpatronin vieler Berufsgruppen und leidenden Menschen. Besondere Verehrung brachten die Bergleute der Heiligen Barbara entgegen. Wo ist dieser Brauch zuhause?
Robin Stecken (LVR Institut für Landeskunde und Regionalgeschichte in Bonn): Um dem Brauch zu verstehen, muss man ein bisschen in der Legende stöbern. Barbara gilt als einer der vierzehn Nothelfer und starb als Märtyrerin 306 nach Christus. Und der Legende nach wurde sie aufgrund ihrer Schönheit und aus Eifersucht von ihrem Vater eingesperrt. Auf der Flucht ist ein Spalt, ein Lichtschein in einem Zelt erschienen, worin sie Zuflucht suchen konnte. Daher kommt auch der Brauch, dass Barbaralichter aufgestellt werden, die Schutz spenden sollen.
DOMRADIO.DE: Wo finden wir das heute noch so in dieser Form?
Stecken: Im Rheinland als Bergbauregion, aber auch im Aachener Land. Und auch in den Niederlanden wird die Barbara verehrt.
DOMRADIO.DE: Es ist auch so, dass Gärtnereien und Blumengeschäfte vom Brauchtum der Barbara profitieren. Zu Barbara holt man Kirschzweige ins Haus, die Weihnachten dann blühen. Was hat es mit diesem Brauch auf sich?
Stecken: Auch das ist wiederum in der Legende begründet. Als Barbara von ihrem Vater ins Gefängnis geworfen wurde, soll sich ein Kirschzweig in ihrem Kleid verfangen haben, den sie dann in einer Vase aufgestellt und in das Fenster gestellt hat. Der ist dann am nächsten Tag dort, wo sie hingerichtet wurde, aufgeblüht. Das hat man quasi bewahrt. Und um daran zu erinnern, stellt man jetzt teilweise noch Kirschzweige, aber auch Apfel-, Birnen- oder Fliederzweige ins Fenster, die dann im Idealfall um Weihnachten herum aufblühen und dann als Zeichen des Glückes gedeutet werden.
DOMRADIO.DE: Wir schauen noch schon einmal ein bisschen weiter, denn das ist längst noch nicht alles, was die Bräuche angeht. Am 6. Dezember ist Nikolaus. Dann stellen wie gewohnt die Kinder ihre Stiefel vor die Tür und bekommen Geschenke. In einigen Regionen des Rheinlandes kriegen die Kinder aber schon etwas am Barbara-Tag. Was steckt dahinter?
Stecken: Vereinzelt wird auch der Barbara-Tag ähnlich wie der Nikolaustag begangen, wo Stiefel in die Fenster gestellt werden, am besten geputzt, und die werden dann mit Süßigkeiten gefüllt. Teilweise hat es sich wohl bis heute überliefert. Weitaus üblicher war das bis in die späten 1960er Jahre, besonders im Köln/Bonner Raum, vereinzelt aber auch im übrigen Rheinland.
DOMRADIO.DE: Und dann scheint es so, dass an einigen Orten die Heilige Barbara den Nikolaus am 6. Dezember begleitet und bei der Bescherung der Kinder unterstützt…
Stecken: Genau, zum Beispiel in Bergisch Gladbach. Da konnten wir es 2007 zum letzten Mal dokumentieren. Aber das sieht man auch heute noch so: Barbara gilt als Begleiterin des Nikolaus, gerade im Rheinland. Das ist wahrscheinlich auch der Verehrung der Heiligen Barbara geschuldet und aufgrund der zeitlichen Nähe zum Nikolaus. Sie gilt mittlerweile als Gabenbringerin des 19. Jahrhunderts.