Die Veröffentlichung erster Ergebnisse eines juristischen Gutachtens zu Vorwürfen gegen Rabbiner Walter Homolka hat ein unterschiedliches Echo ausgelöst
Der Zentralrat der Juden in Deutschland, das Bundesinnenministerium und das Brandenburger Wissenschaftsministerium wiesen am Mittwoch Kritik unter anderen von Homolka an dem Gutachten zurück, das unter anderem Machtmissbrauch an der Rabbiner-Ausbildungsstätte Abraham-Geiger-Kolleg zum Thema hat, und forderten einen "umfassenden Neuanfang".
Der Landesverband der Jüdischen Gemeinden von Schleswig-Holstein warnte dagegen vor einem dauerhaften Schaden für das liberale Judentum und forderte, Homolka müsse sich weiter für die Union progressiver Juden (UpJ) engagieren können. In einem Schreiben an den Unions-Vorstand hatte der Rabbiner seine Entscheidung bekräftigt, am kommenden Wochenende nicht mehr für das Leitungsgremium der UpJ zu kandidieren.
Homolka bestreitet alles
Der Zentralrat hatte die Kanzlei Gercke Wollschläger mit dem Gutachten beauftragt. Laut der am Mittwoch veröffentlichten Zwischenergebnisse liegen gegen Homolka 23 Verdachtsfälle von Fehlverhalten vor. Hierbei handele es sich bei 9 Vorwürfen um "mindestens den Anfangsverdacht einer Straftat oder Ordnungswidrigkeit", etwa in Bezug auf mögliche Vorteilsannahme, Nötigung und Beleidigung.
Homolka bestreitet dagegen weiterhin alle gegen ihn erhobenen Anschuldigungen und will juristisch dagegen vorgehen. Er sei sich keiner Schuld bewusst, "weder rechtlich noch moralisch", so der Rabbiner in dem Schreiben an die UpJ. Er warf der Kanzlei vor, seine Stellungnahmen zu den Vorwürfen nicht angemessen berücksichtigt zu haben. Zudem kritisierte er, der Zentralrat wolle die Wahlen zum UpJ-Vorstand mit der Veröffentlichung zum jetzigen Zeitpunkt "massiv beeinflussen".
"Umfassender Neuanfang" gefordert
In ihrer gemeinsamen Erklärung betonten der Zentralrat und die beiden Ministerien zu den Ergebnissen der Gutachter, es gebe "keinen Anlass, die Sachverhaltsdarstellung in Zweifel zu ziehen". Mit Blick auf das Geiger-Kolleg forderten sie "rasch einen klaren Schnitt zu der bisherigen Struktur und einen umfassenden Neuanfang". Die bisher an dem Kolleg erarbeiteten Vorschläge entsprächen diesem Erfordernis jedoch nicht. Zur Debatte steht eine Ausbildungsstiftung als Träger des Kollegs.
Zudem dürfe der Neuanfang nicht zu Lasten der Studierenden und Beschäftigten am Geiger-Kolleg gehen, die nicht für die Missstände verantwortlich seien, heißt es in der Erklärung weiter. Bis zu einem "strukturellen Neuanfang" werde das Kolleg im bisherigen Umfang weiter finanziert.
Auch der Beauftragte der Bundesregierung für jüdisches Leben und den Kampf gegen Antisemitismus, Felix Klein, betonte auf Anfrage der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA), transparente Strukturen und klare Verantwortlichkeiten seien die Voraussetzung für die künftige staatliche Förderung.
In einer weiteren Erklärung des Zentralrats betonte dessen Präsident Josef Schuster, ein Verbleib Homolkas in seinen bisherigen Ämtern sei "nicht mehr denkbar". Dagegen forderte der Verband der Jüdischen Gemeinden von Schleswig-Holstein, dass Homolka seine Arbeit in der Union progressiver Juden "fortführen kann", deren Aufbau er in 25 Jahren wesentlich gestaltet habe. "Sonst wird die Union einen Rückschlag erleben, von den sie sich nicht wieder erholen wird", so die Landesverband von sechs liberalen Gemeinden.