Kolumbiens Präsident Ivan Duque seit einem Jahr im Amt

Zwischen Flüchtlingskrise und Friedensprozess

Kolumbiens Präsident Ivan Duque ist am Mittwoch ein Jahr im Amt. Die Bilanz der ersten zwölf Monate fällt durchwachsen aus. Und auch die nächste Zeit dürfte eher schwierig werden.

Autor/in:
Tobias Käufer
Ivan Duque / © Fernando Vergara (dpa)
Ivan Duque / © Fernando Vergara ( dpa )

Als Kolumbiens Präsident Ivan Duque am 7. August 2018 sein Amt antrat, stürmte es auf der Plaza Bolivar. So stark, dass der rechtskonservative Parlamentspräsident Ernesto Macias Schamanen verdächtigte, einen Sturm zur Vereidigung des neuen Regierungschefs geschickt zu haben. Wind und Regen seien so heftig gewesen, wie er es in dieser Stärke dort noch nie erlebt habe, sagte Macias. Die von ihm angekündigte Untersuchung erwies sich danach als Sturm im Wasserglas.

Die stürmischen Zeiten sollten aber für Duque anhalten, der als Nachfolger von Friedensnobelpreisträger Juan Manuel Santos vereidigt worden war. Vor allem die Flüchtlingskrise beschäftigt die Kolumbianer. Laut neuesten Zahlen der Migrationsbehörde befinden sich inzwischen 1,4 Millionen Venezolaner im Land. Duque steht für einen flüchtlingsfreundlichen Kurs: Bislang heißt er die Migranten willkommen, erteilt Aufenthaltsgenehmigungen, Arbeitserlaubnisse, Zugang zum Gesundheitssystem und lässt in Kolumbien geborene Kinder venezolanischer Einwanderer einbürgern, damit diese bessere Startchancen haben.

"Ein Zeichen für die Solidarität"

Kolumbien sei "ein Zeichen für die Solidarität", sagte Duque in dieser Woche angesichts des bislang nicht enden wollenden Massenexodus aus dem krisengeschüttelten sozialistisch regierten Venezuela. Kein anderes Land in Südamerika stemmt derzeit eine solch große humanitäre Aufgabe wie Duques Kolumbien. Allerdings droht die Stimmung in der Bevölkerung zu kippen, es kommt mehr und mehr zu ausländerfeindlichen Stimmen und bisweilen auch zu Übergriffen; Duque blieb bislang aber standhaft.

Innenpolitisch beherrscht zudem die Diskussion über den Friedensprozess die Debatte. Duque hatte von Vorgänger Santos den im rechtskonservativen Lager kritisch beäugten Friedensprozess geerbt.

Serie der Gewalt

Zwölf Monate später lässt der 43-Jährige immer noch keine große Begeisterung erkennen, das von Santos 2016 mit der inzwischen zur Partei umgewandelten ehemaligen Guerilla-Organisation FARC geschlossene Abkommen umzusetzen. Immerhin beendete dies den mehr als 50 Jahre andauernden Bürgerkrieg. Besorgniserregend ist vor allem die Mordserie an ehemaligen FARC-Rebellen.

FARC-Chef Rodrigo Londono forderte Duque auf, Maßnahmen gegen dieses "gezielte systematische Massaker" zu ergreifen. Die Gründe für die Morde an rund 150 Ex-Rebellen liegen im Dunkeln. Die Regierung spricht von Verbindungen zum Drogengeschäft, Menschenrechtler von Abrechnungen durch rechtsgerichtete paramilitärische Banden und die Armee. Zudem gibt es im Land eine nicht enden wollende Serie der Gewalt gegen Menschenrechtsverteidiger und soziale Aktivisten, die seit dem Friedensschluss Hunderte Menschen das Leben kostete.

"Friedensprozess stark geschwächt"

Dahinter stecken meist Konflikte um Landbesitz, aber auch Kämpfe verschiedener illegaler Gruppen um die Vormachtstellung im Drogenhandel. "Es ist offensichtlich, dass der Friedensprozess in Kolumbien seit der Amtseinführung von Präsident Ivan Duque stark geschwächt, gespalten und zerbrochen wurde", beklagt Quibdos Bischof Juan Carlos Barreto Barreto, der mit dem katholischen Lateinamerika-Hilfswerk Adveniat zusammenarbeitet. "Der Staat ist nicht in der Lage, seine Bürger zu schützen, schlimmer noch, Duque lässt den Friedensprozess im wahrsten Wortsinn ausbluten", kritisiert die Kolumbien-Referentin von Adveniat, Monika Lauer Perez, die Haltung des Präsidenten.

Die Attacken auf den Friedensprozess kommen allerdings auch aus dem linken Lager. Vor ein paar Wochen verschwand der des Drogenhandels verdächtigte prominente FARC-Kommandant Jesus Santrich spurlos von der Bildfläche. Damit führte er die Sonderjustiz des Friedensprozesses vor, so dass sogar die FARC auf Distanz ging. Im Januar sorgte zudem das schlimmste Bombenattentat seit Jahren durch die linke ELN-Guerilla auf eine Polizeischule in Bogota mit mehr als 20 Toten für Entsetzen im Land. Seitdem liegen die Friedensgespräche mit der ELN auf Eis. Es steht zu befürchten, dass auch die nächsten drei Jahre der Präsidentschaft Duques stürmisch werden.


Quelle:
KNA