Die Kirche als Immobilienbesitzerin

Zwischen Investment und sozialer Verantwortung

Kirchliche Organisationen besitzen viele Immobilien, darunter auch Mietwohnungen. Kirchliche Anleger investieren zudem am privaten Immobilienmarkt. Das bringt gerade in Zeiten von Wohnungsmangel erhebliche ethische Verpflichtungen mit sich.

Die Kirchen sind große Immobilieneigentümer / © leolintang (shutterstock)
Die Kirchen sind große Immobilieneigentümer / © leolintang ( shutterstock )

Ob Jung oder Alt, alleinerziehend, arbeitslos, Asylbewerber oder Mensch mit Behinderung - nach dem Willen der Dompfarrei Frankfurt sollen alle Menschen Chancen auf eine Mietwohnung im Besitz der katholischen Kirche haben.

Mit den Wohnungen könne man viel Gutes tun und werde dadurch als Kirche positiv wahrgenommen, heißt es in einem Leitfaden der katholischen Kirche in Frankfurt. Beispielsweise könne man steuern, wer zu welchem Preis in den Wohnungen wohne.

 "Wir können nicht das Wohnungsproblem der Stadt lösen", sagt Pia Arnold-Rammé, Referentin für Sozialpastoral bei der Katholischen Stadtkirche in Frankfurt. "Die kirchlichen Träger können ein paar Akzente setzen, aber das war s auch." Nicht erst die Corona-Pandemie hat die Frage nach sozialem Wohnraum verschärft.

Kirche eine der größten Immobilieneigentümern

Auch in Düsseldorf investiert die Kirche: Auf dem Gelände eines ehemaligen Tagungshauses sollen im Auftrag der Evangelischen Kirche im Rheinland 44 Mietwohnungen neu gebaut werden, darunter 28 Seniorenwohnungen. 18 Millionen Euro investiert die zweitgrößte deutsche Landeskirche in das Neubauprojekt, das nicht nur sozial nachhaltig wirken, sondern auch energie- und klimatechnisch die höchsten Nachhaltigkeitsstandards erfüllen soll. Dazu gehört unter anderem eine Photovoltaikanlage.

Die Kirchen in Deutschland gehören zu den größten Immobilieneigentümern. Nur etwa 30 Prozent des evangelischen Gebäudebestands werden nach Angaben des Evangelischen Immobilienverbands Deutschland sakral genutzt. Insgesamt beziffert der Verband den Bestand auf 75.000 Gebäude. Der Immobilienbestand der katholischen Kirche wurde vor einigen Jahren auf rund 130.000 Wohnungen geschätzt. Aktuelle Zahlen liegen nicht vor.

Kirche investiert am Immobilienmarkt

Immobilien sind in Zeiten von Niedrigzins nicht nur für private Anleger als Investment attraktiv. Kirchliche Akteure investieren ebenso am Immobilienmarkt, der langfristige Renditen verspricht. Die Einnahmen fließen beispielsweise in Pensionsfonds. Doch werden kirchliche Investoren auch immer wieder vor ethische Dilemmata gestellt, wenn soziale und ökologische Ziele im freien Markt einer hohen Rendite im Wege stehen.

"Eine Geldanlage verfolgt grundsätzlich drei ökonomische Ziele: Sicherheit der Geldanlage, Rendite erwirtschaften und Liquidität, nämlich dass das Geld zum gewünschten Zeitpunkt auch zur Verfügung steht", erklärt Karin Bassler, die Geschäftsführerin des Arbeitskreises Kirchlicher Investoren (AKI). Im AKI haben sich alle großen kirchlichen Anleger aus dem evangelischen Bereich zusammengetan. Ziel ist eine ethisch-nachhaltige Geldanlage im Einklang mit dem kirchlichen Auftrag.

Fragwürdige Geschäfte vermeiden

Unterschiedliche und teils auch widersprüchliche Berichte über fragwürdige Geschäfte oder Methoden kirchennaher Akteure führt Bassler darauf zurück, dass es bei der Geldanlage keine allgemeinen Definitionen gibt, was Ethik und Nachhaltigkeit im Einzelnen bedeuten. Entscheidungen über Investitionen würden nicht zentral beschieden, sondern immer von einzelnen Akteuren getroffen.

Nachhaltigkeitskriterien würden sich weiterentwickeln und könnten auch unterschiedlich bewertet werden. In einer Orientierungshilfe der katholischen Deutschen Bischofskonferenz heißt es dazu: "Ethisch Gewolltes und finanziell Vertretbares sind nicht immer deckungsgleich."

Gewinn und Nachhaltigkeit als Widerspruch?

Dabei widersprechen sich Gewinn und Nachhaltigkeit nach Basslers Worten gar nicht. In den vergangenen Jahrzehnten habe es immer Diskussionen gegeben, ob Geldanlagen, die sozialverantwortliche und umweltbewusste Kriterien einbeziehen, automatisch einen Renditeverzicht bedeuten. "Das ist nicht der Fall", sagt Bassler. "Die Mehrheit der Studien kommt zu dem Ergebnis, dass es keinen negativen Einfluss auf die Rendite langfristig orientierter Investoren hat, ob man sozialökologische, nachhaltige Kriterien berücksichtigt oder nicht."

In Frankfurt hat man erkannt, dass soziales Miteinander mehr bedeutet als kurzfristig zusätzliches Geld in der Pfarreikasse. Hier zeige sich, dass Sozialkompetenz und Empathie ein weiteres Vermögen der Kirche darstellten, sagt Pia Arnold-Rammé. "Wenn die Leute dann wirklich eine Wohnung finden und sich bei uns bedanken - das ist wirklich immer ein schöner Moment."

Julia Kaperdos


Frankfurter Dom (KNA)
Frankfurter Dom / ( KNA )
Quelle:
epd